Morgenandacht am 10. November 2010

Jugenddelegierte Julie-Sophie Daumiller

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

ich wünsche allen einen wunderschönen guten Morgen und hoffe auf einen erfolgreichen, letzten Tag bei der 11.Synode 2010 in Hannover.

Wir feiern diese Andacht
im Namen Gottes, der uns liebt,
im Namen des Sohnes, der uns befreit,
und im Namen des Heiligen Geistes, der uns untereinander verbindet.
Amen.

Zu Beginn dieser Morgenandacht singen wir gemeinsam das Lied „Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne“, es ist die Nummer 444 im Gesangbuch, wir singen die Strophen 1-3.

Gemeinsam möchte ich nun mit Ihnen im Wechsel einen Psalm aus unserer Zeit sprechen. Er ist an Psalm 139 angelehnt und Sie finden ihn im Liederbuch unter der Nummer 770.
Das Eingerückte sprechen wir gemeinsam, Römisch Eins sprechen die Frauen mit mir und Römisch Zwei die Männer.

Wir beginnen nun gemeinsam:
„Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir...“
Amen.

Für meine Andacht habe ich mir die Herrnhuter Losung für den heutigen Tag, den 10.November 2010, ausgesucht.
Als ich 14 Jahre alt war und solch ein Büchlein von meinem damaligen Gemeindepfarrer geschenkt bekam, wusste ich nicht so genau, was ich damit anfangen soll. Es fristete sein Dasein in meinem Regal. Mittlerweile studiere ich im fünften Semester evangelische Theologie auf Pfarramt in Tübingen und habe mir nun zum zweiten Mal die Ursprachenversion gekauft. Nun liegt das blaue Büchlein auf meinem Nachttisch und ist mein ständiger Begleiter in den Tag hinein. Nun aber genug der Vorrede.

Die Losung für heute steht im Jesajabuch, Kapitel 45, Vers 15:
„Fürwahr, du bist ein verborgener Gott, du Gott Israels, der Heiland.“

Der passende Lehrtext dazu ist im Neuen Testament im Johannesevangelium nachzulesen. Gleich im ersten Kapitel, Vers 18:
„Niemand hat Gott je gesehen. Der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“

In beiden Stellen geht es um Gott und das damit zusammenhängende Geheimnis des Verborgenen. Aber warum ist Gott den Menschen verborgen? Können wir ihn nicht sehen, weil er zu herrlich und groß für diese Welt ist oder weil wir zu kleingläubig und kurzsichtig sind? Aber wie können wir an Gott glauben und auf seine Macht vertrauen, wenn er sich uns nie vor Augen zeigt? Wie kann man so viel Präsenz auf Erden haben wie Gott und doch noch nie gesehen worden sein auf dieser Welt?

Das sind Fragen, die mir durch den Kopf geschossen sind, als ich die beiden Verse das erste Mal gelesen habe.
Gerne würde ich mir und natürlich auch Ihnen die gestellten Fragen hinreichend beantworten. Ob das klappt, weiß ich nicht. Aber ich will wenigstens versuchen, die beiden Verse etwas zu erläutern und Gedankenanstöße, auch für die Zeit nach der Synode, zu geben.

Das Jesajabuch redet davon, dass Gott der Heiland ist. Luther hat hier das Partizip mit dem Substantiv „Heiland“ übersetzt. Das entsprechende hebräische Verb bedeutet „retten“ und „helfen“. Er kann also retten und helfen, obwohl er nicht auf Erden zu sehen ist. Das ist unglaublich.

Im Neuen Testament fällt mir auf, dass hier von zwei unterschiedlichen Personen geredet wird. Einmal ist der Gott, der Vater und Schöpfer dieser Welt gemeint, den noch niemand auf dieser Welt gesehen hat. Das andere Mal ist mit Gott aber Jesus, sein Sohn gemeint. Das ist sehr interessant. Jesus wird als Gott tituliert und doch beschreibt er seinen Vater. Was für ein Vater-Sohn-Verhältnis finden wir hier? Der Sohn, der den Vater ankündigt, beschreibt oder auch auf ihn hinweist.

Gott ist und bleibt verborgen. Das macht auf mich den Eindruck, dass Gott  einen eher passiven Charakter haben könnte. Aber nur beim ersten Hinschauen. Beim zweiten Mal fällt mir auf, dass Gott unsere Not sieht und uns helfen will, so wie wir eben in dem Psalm 139 gebetet haben. Auch wenn wir Menschen uns noch so anstrengen, unsere Not zu verbergen, so wandelt sich das Blatt und der anfänglich so aktiv aussehende Mensch wird plötzlich ganz klein und schwach. Nichts kann er machen, außer auf Gott hoffen und vertrauen.
Das finde ich eine tolle Zusage: Nicht ich muss aktiv sein, sondern Gott ist aktiv, für mich. Ich kann  auf seine große Gnade hoffen und weiß mich in seinem Heil geborgen und sicher.

Diese Spannung zwischen Aktivität und Passivität kommt einmal im 1.Johannesbrief, Kapitel 4 vor. Dort heißt es: 1Joh 4,9-10: Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden.
Auch wenn hier der Bezug zur Liebe eindeutig ist und es erst einmal nichts mit Verborgenheit zu tun hat, wie in der heutigen Losung, so lässt sich diese Aussage aus dem Johannesbrief dennoch gut auf unsere heutigen Losungstexte übertragen.

Gerade diese Spannung und eben auch unser Wunsch, Gott endlich sehen zu können, fordert unseren Glauben immer wieder aufs Neue heraus. Aber wir dürfen gewiss sein, dass Gott uns immer sieht, auch wenn wir ihn nicht sehen können. Wir können ihm vertrauen und Mut zum Glauben haben.

Ich wünsche uns diesen Mut und dieses Vertrauen, an Gott zu glauben, auch wenn er verborgen ist, aber seine Macht ist niemals verborgen.
Amen.

Ich möchte gegen Ende meiner Andacht noch ein Gebet sprechen:

Lieber Vater,
ich danke dir für das Geheimnis, das du darstellst. Gerade Geheimnisse sind doch spannend und machen die Angelegenheit interessant. Ich bitte dich, hilf uns, dass dieses Interesse an dir niemals aufhört, auch wenn der Wunsch nach einem Blick zu dir vielleicht immer größer wird. Es tut gut zu wissen, dass all unsere Not dir nicht verborgen ist und dass du dich um uns kümmerst. Das ist eine geniale Zusage. Hab Dank dafür.

Gemeinsam beten wir nun, wie Jesus es uns gelehrt hat:
Vater unser im Himmel.....
Amen.

Darum beginnen wir nun diesen Tag hier auf der Synode mit dem Segen Gottes.
Ich möchte Sie bitten dazu aufzustehen.

„Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu weisen.
Der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen und um dich zu schützen.
Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren vor bösen Menschen.
Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst.
Der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Der Herr sei über dir, um dich zu segnen.
So segne dich der gütige Gott.“
Amen.

Möge unser heutiger Tag gelingen.

 

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.