Bischof Meister ermutigt zur guter Nachbarschaft mit Flüchtlingen
Hannover (epd). Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sieht das Einüben einer guten Nachbarschaft mit den Flüchtlingen als große Herausforderung für das neue Jahr. "Die Integrationsdebatte wird konkreter, wenn die Menschen die Aufnahmeeinrichtungen verlassen und in unsere Wohngebiete ziehen", sagte der evangelische Theologe dem Evangelischen Pressedienst (epd).
"Damit rücken die Flüchtlinge näher an uns und unseren Alltag heran", betonte Meister, der in seiner Kanzlei zwei Wohnungen für Schutzsuchende zur Verfügung stellt. Bisher habe der allergrößte Teil der Deutschen gar keine Berührung mit ihnen. Mit der Einbindung der Asylsuchenden in den Arbeitsmarkt sowie in Verbände und Vereine werde auch eine neue Normalität wachsen. "Damit dies gelingen kann, braucht es vor allem Gelassenheit", empfahl der Theologe.
Der Bischof erinnerte daran, dass viele Geflüchtete sich aus großer Angst um Leib und Leben auf den beschwerlichen Weg nach Europa gemacht hätten. "Sie kommen zum Teil aus Regionen, wo sie vor dem Tod davon gelaufen sind." Menschen, die eine solche Erfahrung hinter sich hätten, müssten getröstet und unterstützt werden. "Dabei geht es nicht nur um ein Bett und ein erstes Essen, sondern auch um den Zuspruch, dass das Leben noch etwas anderes als Elend und Tod bieten kann."
Insofern habe das "Fürchtet euch nicht" aus dem Weihnachtsevangelium für ihn in diesem Jahr eine neue Bedeutung gehabt, sagte Meister: "Wir konnten Hunderttausenden sagen, dass sie in unserem Land keine Angst haben müssen. Keine Angst vor einem Bürgerkrieg, einer Terrororganisation oder dass jemand nach ihrem Leben trachtet." Selbstverständlich hätten auch viele Deutsche mit Ängsten zu kämpfen. Doch dazu gehöre nicht die Furcht um das eigene Leben angesichts von Krieg und Verfolgung.
Siebzig Jahre Frieden in Deutschland hätten dazu geführt, dass "wir ein Höchstmaß an sozialer und technologischer Sicherheit errichtet haben", sagte der Bischof der größten evangelischen Landeskirche. Durch die Terroranschläge wie zuletzt in Paris sei deutlich geworden, wie unbedeutend diese Sicherheiten in der Realität seien.
"Die Brüche, die unser ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis dadurch erhalten hat, lösen Ängste aus", unterstrich der Landesbischof. Dahinter stehe die Erkenntnis, dass das Leben eine unsichere Angelegenheit bleibe. Sich an diesen Gedanken zu gewöhnen und trotzdem fröhlich zugewandt zu leben, gelinge durch ein christliches Bewusstsein. Dazu gehöre die Zuversicht, kein Zufall der Geschichte zu sein, und die Gewissheit: "Gott wird in Ewigkeit an deiner Seite bleiben."
30. Dezember 2015