Sozialexperte Wegner fordert Solidarität statt Populismus
Hannover (epd). Angesichts des erstarkenden Populismus hält der evangelische Sozialexperte Gerhard Wegner eine breite gesellschaftliche Solidarität für nötig. Er vermisse eine politische Strategie, um Menschen wieder einzubeziehen, die sich abgehängt fühlten, sagte der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Institutes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Populisten versuchten, Gruppen am Rande der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen, sagte Wegner. "Nötig ist eine Willkommenskultur nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für Hartz-IV-Empfänger."
Er selbst habe eine heftige Diskussion miterlebt, als eine Stadt beschloss, dass Flüchtlinge den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen dürfen, berichtete Wegner. Erst ein halbes Jahr vorher hatte die Stadt diese Vergünstigung für Hartz-IV-Empfänger abgeschafft. "Das wurde dann schnell rückgängig gemacht."
Den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen
Der Theologieprofessor warb dafür, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen, wenn Menschen etwa Angst vor Flüchtlingen äußerten. "Bleibt dran, widersprecht, wo es hasserfüllt und giftig wird, aber bleibt mit den Menschen im Gespräch." Die Pastorinnen und Pastoren in den Kirchengemeinden haben Wegner zufolge oft die nötige Nähe, um mit den Menschen auch über ihre Ängste sprechen zu können.
Auch AfD-Mitglieder und -Sympathisanten können nach Ansicht Wegners in den Kirchenvorständen der evangelischen Kirche vertreten sein. "Wir dürfen keine Gesinnungsschnüffelei einziehen lassen." AfD-Mitglieder sollten ebenso wenig von vornherein von Kirchenvorstandsämtern ausgeschlossen werden wie etwa Anhänger der Linken. "Wir müssen allerdings sehr deutlich machen, welche Parolen nicht gehen", sagte Wegner. Parolen aus der Nazi-Ecke, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Hass-Parolen hätten in den Kirchen keinen Platz.
Karen Miether (epd)
29. Dezember 2016