Hintergrundinformationen zum Thema Kirche und Geld
Kirche und Finanzen
In ihrer Projektion kommen die Freiburger Wissenschaftler nicht nur zu dem Schluss, dass die evangelische Kirche bis 2060 halb so viele Mitglieder haben wird wie im Jahr 2017 – auch die finanzielle Leistungsfähigkeit wird sich im selben Zeitraum in etwa halbieren, da einem tendenziell stagnierenden Kirchensteueraufkommen steigende Preise für kirchliche Ausgaben – vor allem im Personalbereich – gegenüberstehen. Aktuell belasten zudem die niedrigen Zinsen die Absicherung der erheblichen Versorgunglasten für die Mitarbeitenden.
Die Zahl der aktiven Mitarbeitenden wird bis zum Jahr 2060 erheblich sinken müssen sowie auch die Zahl der Kirchengebäude, von denen übrigens ein großer Teil unter Denkmalschutz steht. Aber nicht alle Aufwände lassen sich kontinuierlich reduzieren.
Die Kirche wird sich verändern und ihr Angebot anpassen müssen. Sie wird über neue Wege nachdenken müssen, um Menschen zu erreichen. Und sie wird an manchen Stellen nicht mehr all das machen können, was jetzt noch möglich ist. So übernimmt die Kirche zum Beispiel an vielen Stellen auch gesellschaftliche Aufgaben, bei denen die Kirchenmitgliedschaft keine Rolle spielt, etwa als Trägerin von Kindertagesstätten, Bildungseinrichtungen und Beratungsstellen.
Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über die Aufwände, Erträge und Leistungen der Kirche sowie Hintergrundinformationen zur Kirchensteuer. Die zugrunde liegenden Daten stammen aus der aktuellsten Finanzstatistik des Jahres 2014.
Aufwände und Erträge
Wofür gibt die Kirche ihr Geld aus?
Der Dienst der Kirche ist Dienst am Menschen, der einen großen Einsatz an haupt- und ehrenamtlicher Arbeitskraft erfordert. So entfallen etwa zwei Drittel der Aufwände auf die personalkostenintensiven kirchlichen Arbeitsfelder vor Ort.
Es folgen die Kosten für Leitung und Verwaltung. Diese sind mit 9,1 Prozent an den Gesamtaufwänden im bundesweiten Vergleich zu anderen großen mitgliedsorientierten Organisationen relativ gering. Zu den Kernaufgaben der Kirchen gehören zweifellos auch die Pflege und Unterhaltung der zahlreichen Kirchengebäude. Dafür wendet die evangelische Kirche jährlich 1,2 Mrd. Euro auf. Insgesamt fließen so knapp 12,3 Mrd. Euro in die Arbeit der Kirche.
Was gehört zu den kirchlichen Arbeitsfeldern vor Ort?
Hier sind besonders die vielfältigen Aufgaben der Kirchengemeinden zu nennen. Die dazugehörigen finanziellen Aufwände stehen für die Kosten der allgemeinen Gemeindearbeit. Das sind zum Beispiel Gottesdienste, Personalkosten für Pfarrerinnen und Pfarrer, Aufwände für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und für andere zielgruppenbezogene Arbeit, die Finanzierung der Kirchenmusik aber auch Öffentlichkeitsarbeit, wie zum Beispiel Gemeindebriefe. In Summe sind das 3,8 Mrd. Euro.
Sichtbar wird die evangelische Kirche vor Ort auch durch ihren Einsatz für lebenslanges Lernen auf allen Ebenen – vom Kleinkind bis zum Erwachsenen im hohen Alter. Als eine der größten Bildungsanbieterinnen übernimmt sie in der Gesellschaft und in ihren Kirchengemeinden Bildungsverantwortung als Trägerin von Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen, Akademien und Tagungsstätten sowie von Angeboten der Erwachsenen-, Kinder- und Jugendbildungsarbeit. Zudem begleitet sie den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und setzt sich für die Religionslehrerfortbildung ein. Für Kindertagesstätten und Bildungsarbeit werden 3,6 Mrd. Euro aufgewendet, wobei die Kindertagesstätten grundsätzlich mischfinanziert sind. Das heißt, an ihrer Finanzierung beteiligen sich Bund, Länder, Kommunen und die Eltern selbst mit den Elternbeiträgen. Aber auch die Kirchen tragen einen Teil zur Finanzierung der evangelischen Kindertagesstätten bei. Die evangelische Kirche wird auch durch die gemeindediakonische Arbeit vor Ort sichtbar. Die finanziellen Aufwände hierzu stehen in den Rubriken Unterstützung diakonischer Arbeit, Ökumene, Weltmission und Entwicklungshilfe. Hierfür werden 0,6 Mrd. Euro aufgewendet.
Wie wird die Arbeit der Kirche finanziert?
Die Arbeit der Kirche wird hauptsächlich durch ihre Mitglieder getragen. So ist die Kirchensteuer einschließlich der steuerverwandten Mittel wie Gemeindebeiträgen und Kirchgeld mit 5,3 Mrd. Euro die wichtigste Ertragsquelle und das Fundament aller Finanzierungen. Weitere Mittel erhält die Kirche direkt von ihren Mitgliedern durch 344 Mio. Euro Spenden und Kollekten.
Einblicke in die Finanzstatistik der evangelischen Kirche
Stand: Dezember 2017
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Hintergrundinformationen zu Kirchensteuer und Staatsleistungen
Warum gibt es überhaupt Kirchensteuern?
Auch wenn der Name es anders vermuten lässt: Die Kirchensteuer ist der Idee nach ein Mitgliedsbeitrag. Sie wurde 1919 in der heutigen Form eingeführt und dokumentiert die rechtliche und funktionale Stellung von Kirche und Staat; sie sichert die finanzielle Unabhängigkeit der Kirche vom Staat. Vorher wurde die Kirche als eine öffentliche Angelegenheit betrachtet und erheblich durch staatliche Gelder finanziert. Gerade weil sich das ändern sollte, gibt es die Kirchensteuer als Beitrag, den die Mitglieder aufbringen. Das Recht, Kirchensteuer nach Maßgabe der Kirchensteuergesetze der Länder zu erheben, steht allen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften öffentlichen Rechts sind, offen.
Ausgeklappten Text schließenWie hoch ist meine Kirchensteuer?
Die Kirchensteuer beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer (in Bayern und Baden-Württemberg acht Prozent). Sie wird über das Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens. Im Jahr 2014 waren das 165 Mio. Euro. Der Steuereinzug durch die staatlichen Finanzämter wird also von der Kirche bezahlt und ist kein Geschenk. Im Durchschnitt lag im Jahr 2014 die gezahlte Kirchensteuer je Kirchenmitglied bei 220 Euro. Es gilt durch die prozentuale Koppelung an die Lohn- und Einkommensteuer hierbei das Prinzip „Wer viel verdient, gibt mehr. Wer wenig verdient, braucht nur einen geringeren Beitrag zu leisten“. So kommt es, dass nicht alle Kirchenmitglieder tatsächlich mit Kirchensteuer belastet sind; nur wer Einkommensteuer zahlt, zahlt auch Kirchensteuer. Dabei kann die gezahlte Kirchensteuer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung außerdem noch steuermindernd als Sonderausgabe (§ 10 Absatz 1 Nr. 4 EStG) abgezogen werden. Damit reduziert sich die tatsächliche Belastung durch die Kirchensteuer. Im Jahr 2017 betrug der Anteil der Kirchenmitglieder, die Kirchensteuern zahlen, 46 Prozent.
Ausgeklappten Text schließenWofür erhält die Kirche staatliche Fördermittel und Zuschüsse?
Dort, wo die Kirche im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips gesellschaftliche Aufgaben übernimmt, erhält sie auch öffentliche Mittel zur Finanzierung dieser Aufgaben. Es handelt sich dabei um Leistungen, die in vergleichbaren Fällen alle freien Träger, wie zum Beispiel die Arbeiterwohlfahrt oder Waldorfschulen, erhalten. Wenn der Staat Träger unterstützt, geht es um gemeinsame gesellschaftliche Interessen. Dabei gilt: Viele soziale Dienstleistungen können wesentlich durch das finanzielle und personelle Engagement der Kirche realisiert werden. Das entlastet den Staat nicht unerheblich und stellt eine beachtliche Leistung für die Gesamtgesellschaft dar. Aus kirchlichen Mitteln (Kirchensteuer, Spenden) werden diese Dienste mitfinanziert. Deshalb profitiert der Staat von der Kirche und ihren Mitgliedern. Im Bereich der Kindertagesstätten und anderer Bildungseinrichtungen machen die evangelischen Einrichtungen einen erheblichen Anteil aus. Bei der Kinderbetreuung sieht die Gesetzgebung der Länder und Kommunen inzwischen verstärkt eine Beitragsfreiheit vor. In diesen Fällen werden Elternbeiträge durch öffentliche Mittel ersetzt. Insgesamt haben Fördermittel und Zuschüsse einen Anteil von 26,2 Prozent an den Gesamterträgen der evangelischen Kirche.
Ausgeklappten Text schließenWas bedeuten eigentlich „Staatsleistungen“?
Den Kirchen sind im Zuge der geschichtlichen Entwicklung viele Vermögenswerte vom Staat entzogen worden, aus deren Erträgen sie sich zuvor finanzieren konnten – zuletzt Anfang des 19. Jahrhunderts.
Für die seither fehlenden Gelder erhalten die Kirchen Entschädigungszahlungen. Die Regelungen dazu stammen aus der vorkonstitutionellen Zeit der Weimarer Reichsverfassung (1919) und wurden auch durch Verträge zwischen Staat und Kirche seit den 1950er Jahren fortgeschrieben. Die Staatsleistungen sind auch nicht rechtlich hinfällig, weil die Gründe dafür so lange zurückliegen. Sollte der Staat dem Auftrag des Grundgesetzes folgen wollen, die Leistungen an die evangelische Kirche abzulösen, würde die evangelische Kirche das begrüßen. Dann müsste allerdings, wie im Grundgesetz vorgesehen, eine angemessene Abschlusszahlung vereinbart werden.
Bei jährlichen Einnahmen der evangelischen Kirche von rund 12,3 Mrd. Euro im Jahr 2014 machten die Staatsleistungen ganze 2,2 Prozent aus. Für 2018 lag der Betrag der Staatsleistungen bei 300 Mio. Euro.
Weiterführende Links
- Informationsflyer "Die evangelische Kirche und das Geld": https://www.ekd.de/kirche-und-geld.htm
- www.ekd.de/finanzen und www.ekd.de/statistik