Bericht des Rates der EKD - Teil B (schriftlich)

5. Tagung der 12. Synode vom 11. bis 14. November 2018 in Würzburg

1. Kirche auf gutem Grund

1.1 Festveranstaltung am 31. Oktober in Wittenberg

Das Reformationsjubiläum 2017 erreichte seinen Höhepunkt mit den Festveranstaltungen des bundesweiten Feiertages am 31.10.2017. In den Bundesländern und Landeskirchen feierten Kirche, Staat und Zivilgesellschaft in Gottesdiensten, Feierstunden, Konzerten. Die Feierlichkeiten standen für ein weltoffenes und ökumenisches Jubiläum. Mit diesem Feiertag wurde auch die Luther und Reformationsdekade abgeschlossen. Mit Blick auf den Gottesdienstbesuch wurde aus allen Landeskirchen gemeldet, am 31.10.2017 seien „Weihnachten und Ostern zusammengefallen“. Man habe vor allem die Menschen erreicht, die sich den reformatorischen Kirchen, ihrer Botschaft und ihrem (Kultur)Erbe zugehörig fühlen.

Die Beachtung, die das Thema dieses Tages in den Medien fand, war ein Zeugnis für die Tiefe und Weite der gesellschaftlichen Resonanz auf das Themenfeld Reformation. Allein im ZDF und in der ARD verfolgten zwölf Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer die Programmangebote zum Reformationstag 2017. Zwischen dem 29.10.2017 und dem 31.10.2017 standen neben den zentralen Gottesdiensten der Spielfilm „Zwischen Himmel und Hölle. Reformation oder Revolution?“, die – zeitversetzte Übertragung des „Pop OratoriumLuther“ aus Berlin sowie zahlreiche kleinere und große Reportagen auf dem Programm. Der Festgottesdienst aus Wittenberg und der Festakt im Wittenberger Stadthaus erreichten über eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer.

In Wittenberg sorgte der 31.10.2017 mit fünf Gottesdiensten in der Stadt und Schlosskirche sowie auf dem Hof der Leucorea, dem Abschluss der Nationalen Sonderausstellung „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“ der Stiftung Luthergedenkstätten im Augusteum, sowie mit zahlreichen Veranstaltungen auf den Märkten und Plätzen für einen überdurchschnittlichen Besucherandrang. Der Wunsch, an den Gottesdiensten und Festveranstaltungen teilzunehmen, war so groß, dass eine Vielzahl der Besucherinnen und Besucher vor überfüllten Kirchen und Ausstellungsgebäuden ausharrten.

Für den Festgottesdienst und den Festakt, zu dem die EKD, die EKM, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und das Bundesland SachsenAnhalt gemeinsam eingeladen hatten, standen in der Schlosskirche ca. 550 Sitzplätze zur Verfügung. Als internationale Gäste nahmen der Apostolische Nuntius in Deutschland Erzbischof Nikola Eterovic, der ungarische Präsident Janos Ader und der Lettische Präsident Raimonds Vējonis teil. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx vertrat die katholische Deutsche Bischofskonferenz. Bundespräsident FrankWalter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und der Regierenden Bürgermeister des Landes Berlin Michael Müller, der am 1.11.2017 die Präsidentschaft des Bundesrates übernahm, vertraten die Verfassungsorgane. Zahlreiche Ministerpräsidenten und Minister sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gremien der EKD feierten den Festgottesdienst mit. An dem Gottesdienst nahmen auch etwa 50 vom Kirchenkreis Wittenberg benannte Mitglieder der Wittenberger Kirchengemeinden und Volunteers des Reformationsjubiläum 2017 e.V. teil. Die musikalische Gestaltung hatten gemeinsam mit der Schlosskirchengemeinde die Bläserauswahl der EKM und der Thomanerchor unter der Leitung des Thomaskantors Gotthold Schwarz übernommen. „Die Geschäftsstellen „Luther 2017 – 500 Jahre Reformation“ feierten mit einigen hundert Teilnehmenden den Festgottesdienst und den Festakt in der benachbarten „Exerzierhalle“ vor einer Großbildleinwand mit."

1.2 EKD – „Flugschrift“ zum Reformationstag 2018

Am 31. Oktober 2017, dem Tag des 500. Reformationsjubiläums, wurde ein hohes Interesse der bundesdeutschen Öffentlichkeit an diesem Tag deutlich. Neben der Person Luther standen die vielen verschiedenen religiösen, kulturellen, zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen, die mit der Reformation angestoßen wurden, im Mittelpunkt. Mit der Herausgabe einer „Flugschrift“ zum „Reformationstag 2018“ will die EKD den Reformationstag in diesem Sinne inhaltlich weiter stärken und die je eigenen Zugänge der Partner in Politik, Zivilgesellschaft und Kultur beteiligen. Auch diese „Flugschrift“ wendet sich an interessierte Leserinnen und Leser in der Kirche, in Bildungseinrichtungen und in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Viele Beiträge erinnern an Flugschriften der Reformationszeit. Inhalte werden so zugespitzt, dass sie auch Diskussionen, die eher intern geführt werden, in eine breite Öffentlichkeit tragen. Die Flugschrift reflektiert, wie der Tag der Reformation als Feiertag in Anlehnung an das Reformationsjubiläum kooperativ zu füllen ist. Aus verschiedenen konfessionellen, religiösen oder fachspezifischen Perspektiven kommen Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Jubiläumsjahr 2017 für die Gestaltung zukünftiger Reformationstage in den Blick. Das Magazin erscheint in einer Auflage von 40.000 Exemplaren und wird den Kirchen und Gemeinden wie auch den kirchlichen Bildungseinrichtungen und Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt. In Kooperation mit evangelisch.de stand die OnlineAusgabe unter www.reformationstag2018.de bereits ab dem 31. Juli 2018 zum Download zur Verfügung. Auf der WebSeite wurden sukzessive weitere ergänzende Materialien zur Verfügung gestellt.

Als ein eigenes Projekt zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 hat das Kulturbüro der EKD die Ausstellung „Bei Deinem Namen genannt: Maria und Nikolaus“ entwickelt. Dieses Projekt zeigt auf, was jeden Menschen ein Leben lang begleitet: der eigene Name und die Herkunft. Die Namen Maria und Nikolaus haben sowohl eine europäische als auch eine interreligiöse Dimension: Sie sind europaweit verbreitet und weisen in ihren jüdischen und muslimischen Varianten auf das gemeinsame Erbe hin.
 

1.3 Aktivitäten der Botschafterin des Rates der EKD

Die Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017 Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann schloss ihre öffentliche Tätigkeit mit dem Reformationstag 2017 weitgehend ab. Am Reformationstag hielt Margot Käßmann vormittags die Festpredigt in dem Gottesdienst in der Wittenberger Schlosskirche und wirkte nachmittags im Festgottesdienst mit. Zur Nachbereitung des Jubiläums hielt die Botschafterin zahlreiche Vorträge. Zum Beispiel sprach sie im Kloster Arnsburg vor den „Evangelischen Zisterziensererben“ zum Thema „Reformationsjubiläum 2017. Ein Rückblick, die Ernte und neue Herausforderungen“.

Das Büro der Botschafterin wurde ab dem 1. November 2017 bis zum Frühjahr schrittweise geschlossen. Die verbleibende Arbeit wurde vom Kirchenamt der EKD übernommen. Regelanfragen werden im Bereich Servicetelefon bearbeitet. Inhaltliche Anfragen zum Reformationsjubiläum 2017 und Manuskriptwünsche werden kontinuierlich durch das Fachreferat beantwortet.

Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann wurde am 30. Juni 2018 in den Ruhestand verabschiedet. Der Gottesdienst mit der Entpflichtung durch die stellvertretende Vorsitzende des Rates der EKD, Präses Annette Kurschus und Landesbischof Ralf Meister fand in der Marktkirche in Hannover statt. Die Ev.luth. Landeskirche Hannovers und die EKD hatten öffentlich zu dem Gottesdienst und zu einem anschließenden Fest auf dem Platz an der Marktkirche eingeladen. Die Präses der EKDSynode Dr. Irmgard Schwaetzer dankte der Botschafterin und schloss ihre Rede mit der Feststellung: „Eine Botschafterin des Glaubens für die Herzen vieler bleibst Du auch im Ruhestand.“

1.4 Schlosskirchenensemble Wittenberg

Während des Reformationsjubiläumsjahres konnte der neu gebildete Kirchencampus rund um die Schlosskirche in Wittenberg mit den neuen Räumlichkeiten des Evangelischen Predigerseminars sukzessive in Betrieb genommen werden. Ein besonderer Moment war dabei die Indienststellung des Andachtsraums im Dachgeschoss des Schlosses am 7. Dezember 2017. Ungeachtet restlicher Baumängelbeseitigung sind die Bauarbeiten nunmehr weitgehend abgeschlossen. Damit sind wesentliche Maßnahmen der im Jahr 2009 zwischen Land SachsenAnhalt, Stadt Wittenberg, UEK, EKD und Stiftung Luthergedenkstätten getroffenen „Rahmenvereinbarung“ umgesetzt, aufgrund derer die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der kirchlichen Stätten in Wittenberg neu und zukunftsfähig geordnet werden sollten. Dies ist im April 2018 in einem Festakt im Augusteum in Anwesenheit von Ministerpräsident und Ratsvorsitzendem feierlich begangen worden. Nach wie vor steht der Abschluss rechtlicher Regelungen zur Eigentumsübertragung einzelner Gebäudeteile des Schlosskirchenensembles von der Stadt Wittenberg auf die EKD aus. In diesem Punkt sind die Verhandlungen weit fortgeschritten.

1.5 Koordinierungsteam aus Synode, Kirchenkonferenz und Rat – „Zukunft auf gutem Grund“

Siehe hierzu der gesonderte Bericht über die Umsetzung der Beschlüsse der 4. Tagung der 12. Synode der EKD vom November 2017.

1.6 Magazin zum Themenjahr „Kirchliche Feiertage als kulturelles Erbe“

Das EKDThemenmagazin 2018 Kirchliche Feiertage als kultureller Reichtum knüpft an das vom Europäischen Rat als „Europäisches Kulturerbejahr SHARING HERITAGE“ ausgerufene Jahr an. Das Magazin wendet sich wieder an interessierte Leserinnen und Leser in der Kirche, in Bildungseinrichtungen und in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit. Die verschiedenen Beiträge zu den Festzeiten und Festtagen des Kirchenjahrs bieten theologische und historische Reflexionen, Geschichten zu Traditionen und Festtagsbräuchen und zahlreiche weitere Informationen. Im Magazin finden sich zudem viele Anregungen für die Praxis. So werden zum einen elementare Kenntnisse über die wichtigsten Kirchenjahresfeste gefestigt und ihre öffentliche Kommunikation befördert und zum anderen der Gedanke des europäischen Erbes auch für immaterielle Güter geöffnet. Das Magazin ist in einer Auflage von 40.000 Exemplaren erschienen. Neben den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen sind es vergleichsweise sehr viele Schulen, die die Printausgabe des Magazins für den Religionsunterricht bestellen. Die OnlineAusgabe des Magazins, die unter www.kirchlichefeiertagealskulurellerreichtum.de bisher aus 46 Ländern weltweit aufgerufen wurde, wird durch weitere Materialien für die Gemeinden und Bildungseinrichtungen ergänzt. Der Neukirchener Verlag nahm das EKDThemenjahr mit dem Buch „Feste feiern Wie wir christliche Feiertage heute begehen können“ ausdrücklich auf. Neben der Präses, dem Ratsvorsitzenden und weiteren Vertretern der EKD zeigen die Autoren anhand ihrer ganz persönlichen Geschichten, wie es gelingen kann, die Faszination für christliche Feiertage immer wieder neu zu beleben.

1.7 Fortsetzung der Themenjahre

In der Kirchenkonferenz und im Rat der EKD wurde die Fortsetzung der Themenjahre beraten. Konsens herrschte über die Frage des zeitlichen Rhythmus‘, der eingehalten werden sollte: Jährliche Themenjahre gelten als überambitioniert, ein dreijähriger Rhythmus würde den inneren Zusammenhang der Jahre unsichtbar zu machen. Daher setzte sich die Überzeugung durch, dass ein ZweiJahresRhythmus sinnvoll sei, wobei ein Jahr Vorbereitungszeit die Gelegenheit eröffnet, die Thematik und die inhaltlichen Impulse so zeitig vorzulegen, dass das Thema in die Jahresplanungen der Gemeinden, der regionalen Planungen und der Landeskirchen für das gemeinsame Themenjahr einfließen kann. Es besteht der Konsens, dass man Themenjahre gleichsam im „Gegenrhythmus zu den thematischen Losungen des
DEKT“ orchestrieren sollte. Faktisch bedeutete dies, dass Themenjahre an den geraden Jahren ab 2020 gestaltet werden können. Begrüßt wird ein Christusbezug aller Themen, und dass die Dekade auf das Jahr 2032 zulaufen soll. Selbst wenn die Historizität des Sterbedatums Jesu umstritten ist, wird dieses Datum als Orientierungspunkt der Dekade gewählt und soll auch ökumenisch verabredet werden. Daneben spielt im Jahr 2030 die Erinnerung an die Confessio Augustana eine besondere Rolle.

1.8 Revision des Evangelischen Gesangbuches

Kirchenkonferenz und Rat haben im vergangenen Jahr den Grundsatzbeschluss zur Überarbeitung des Evangelischen Gesangbuchs (EG) gefasst. Die Stelle einer Referentin bzw. eines Referenten, die bzw. der den komplexen Prozess der Überarbeitung verantwortlich gestalten wird, ist ausgeschrieben. Der Rat wird eine Steuerungsgruppe und eine Gesangbuchkommission berufen, die eine zielstrebige und partizipative Prozessgestaltung gewährleisten sollen. Der Überarbeitungsprozess ist auf ca. acht Jahre berechnet. Eine erste größere Konsultationstagung hat vom 31.Oktober bis 2. November 2018 in Hildesheim stattgefunden.

1.9 Jung, aktiv und auch evangelisch Bundesweite empirische Studien zur Konfirmandenarbeit und zum Engagement Jugendlicher und junger Erwachsener

Die EKD mit allen Gliedkirchen ließ seit 2007 die Konfirmandenarbeit und die Lebensjahre danach mit ihren Effekten auf die Entwicklung des Glaubens, der Kirchenbeziehung und des persönlichen Engagements erforschen. In Kooperation der Universität Tübingen (Lehrstuhl Prof. Friedrich Schweitzer) mit dem ComeniusInstitut erschien 2018 die Forschung zu den 1826Jährigen. Am 4. Juni 2018 wurden in Berlin unter Beteiligung des Ratsvorsitzenden und der Präses der EKDSynode die Ergebnisse dreier bundesweiter Studien zum Engagement und zu Wegen zum Engagement bzw. Nichtengagement in der Kirche vorgestellt. Bei der ersten Studie waren bundesweit 3.000 junge Erwachsene (Kirchenmitglieder und Nichtkirchenmitglieder) von 1826 Jahren nach ihrem Engagement befragt worden. Ein Ergebnis, das für die Kirchen herausfordernd ist: Junge Protestanten sind innerhalb dieser Alterskohorte (leicht vor den jungen Katholiken) die am stärksten engagierte Gruppe. Zudem gehört diese Altersgruppe insgesamt zu den gesellschaftlich besonders Engagierten allerdings oft nicht in der Kirche. Die 150 Tagungsteilnehmenden aus Wissenschaft und Praxis (viele selber unter 27 Jahren) diskutierten vor diesem Hintergrund die Ergebnisse der beiden weiteren Studien zu den 1826 Jahre alten Konfirmierten.

Sowohl die qualitative Studie zu Motiven und Erfahrungen im jungen Engagement und die weitere Studie zu Effekten der Konfirmandenarbeit auf die Engagementbereitschaft zeigen: Die Konfirmandenzeit, besonders mit Gemeindepraktikum, und eine Begegnung mit Engagierten in Kirche, Jugendarbeit oder Schule verstärken die Engagementbereitschaft Jugendlicher und junger Erwachsener. Jugendliche und junge Erwachsene wollen mitgestalten und sich aktiv einbringen. Viele sehen nach der Konfirmation keine konkrete Möglichkeit für sich persönlich und erleben oft, dass sie nicht gefragt werden (besonders jene aus nicht kirchennahen Familien verlieren so den Kontakt zur Kirche). Jugendliche und junge Erwachsene entwickeln ihren Glauben und ihre Verbundenheit zur Kirche kritisch weiter, wenn in den Jahren nach der Konfirmation der Kontakt zu christlichen Engagementfeldern nicht abbricht. Die Erfahrungen, die junge Menschen bei ihrem Engagement sammeln, sind für sie selbst, für die Kirche und für die Gesellschaft insgesamt von hoher Bedeutung. Sie tragen bei zur Persönlichkeitsentwicklung und stärken prosoziale und christliche Wertorientierungen. Dabei scheint es nicht entscheidend zu sein, wo genau junges Engagement ermöglicht wird, sondern dass es interessant ist und Gemeinschaftserfahrungen mit Gott eröffnet. Engagement in der Jugendarbeit, auf Freizeiten, bei Bildungsformaten, in Gottesdienstteams, diakonischen Aktionen verstärken die Effekte der Konfirmandenzeit im Blick auf positive Sichten auf Glauben und Kirche. Jugendliche und junge Erwachsene, die Kirchenmitglieder sind engagieren sich mehr als alle anderen in ihrer Altersgruppe. Sie wünschen sich, dass ihr Engagement mehr wahrgenommen und ermöglicht wird.

1.10 Kampagnen und Kooperationen in der Nachwuchsgewinnung für kirchliche Berufe

Mit der Website www.DasvolleLeben.de gelang im Jahr 2016 eine bunte, auf jüngere Zielgruppen ausgerichtete Plattform zur gliedkirchenübergreifenden Nachwuchsgewinnung für das Theologiestudium und den Pfarrberuf. Zwei Jahre nach dem Start der Kampagne zeigt sich, dass die persönliche Ansprache von jungen Menschen und solide Informationen zum Arbeiten in der Kirche und dem Theologiestudium jungen Menschen wichtig sind. Die Vernetzung mit der jeweiligen gliedkirchlichen Nachwuchswerbung wurde verstärkt, die EKDWebsite auch als Materialpool nutzt. Gegen den demographischen Wandel konnte die Anzahl Theologiestudierender in den Jahrgängen leicht gesteigert werden. Junge Menschen oder Menschen mit Motivation zum Professionswechsel fragen kritisch, wie die Kirche als Arbeitgeberin ist. Deswegen wirbt eine wachsende Zahl von Gliedkirchen der EKD als „Arbeitgeberin Kirche“ für mehrere kirchliche Berufsprofile in der Dienstgemeinschaft der Kirche. Eine gliedkirchenübergreifende Website für Interessierte am Beruf Diakon bzw. Diakonin resp. Gemeindepädagoge bzw. Gemeindepädagogin mit Informationen zum Studium und zum Berufsprofil steht noch aus.

1.11 Fragen der Mitgliedschaft und Zugehörigkeit zur Kirche

Bei der letzten Synodaltagung gab eine intensive Debatte über Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Zugehörigkeit. Kirchen sind prinzipiell auf Mitgliedschaft ausgerichtet. Sie orientieren ihre Angebote, ihren Aufbau, ihre Arbeit und besonders ihre Finanzen primär mit Blick auf ihre Mitglieder. Mit dieser Fixierung auf Mitgliedschaft gerät aber leicht aus dem Blick, dass der Kreis derer, die sich zugehörig zur Kirche fühlen weit größer ist, als die Zahl der Kirchenmitglieder. Anders wäre der überraschende Erfolg des Reformationstags 2017 kaum zu erklären. Es gibt offenbar viele Menschen, die sich inhaltlich ansprechen lassen vom Kern der christlichen Botschaft, Tradition und Kulturwirkung, ohne Mitglieder der Kirche zu sein.

Zugehörigkeit jenseits formaler Mitgliedschaft ist dabei eine subjektive Kategorie, begründet durch individuelle Entscheidungen, aber auch durch biographische Bildungs und Sozialisationsprozesse. Sie ist in ihrer Praxis fluider, situativer und zugleich freier und offener. Aus der Tatsache, dass die Kirchen kontinuierlich Mitglieder verlieren kann nicht ohne Weiteres auf eine Abnahme solcher informellen Zugehörigkeit geschlossen werden. Insofern stehen der Erfolg des Reformationsjubiläums als Beteiligungs, Bildungs und Glaubensjubiläum in einem ökumenischen Horizont einerseits und die Meldung andererseits, dass die Evangelische Kirche im selben Jahr 380.000 Mitglieder verloren hat, nicht unbedingt in einem Widerspruch. Aber eben dieser Doppelbefund macht deutlich, dass über Fragen der Kirchenbindung neu nachgedacht werden muss, wobei Zugehörigkeiten jenseits der formalen Mitgliedschaft stärker in den Blick genommen werden müssen.

Zugehörigkeit ist insofern eine Zukunftskategorie, die Engagement und Beheimatung verbindet, die in ihrer rechtlichorganisatorischen Ausgestaltung aber offen bleibt für neue Gestaltungsformen jenseits traditioneller Mitgliedschaft. Für Kirchen stellt diese Einsicht eine organisatorische Herausforderung dar, mehr aber noch ist sie eine geistliche Aufgabe. Dies steht im Zentrum des Prozesses „Zukunft auf gutem Grund“, den die Synode im vergangenen Jahr angestoßen hat.

1.12 Einstieg in die neue Perikopenordnung

Die verbundenen Synoden haben im letzten Jahr die neue Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder beschlossen. Ihre Einführung steht mit Beginn des neuen Kirchenjahres 2018/2019 bevor. In Wittenberg wird am 1. Sonntag im Advent ein zentraler Einführungsgottesdienst von EKD, UEK und VELKD gefeiert werden. Für Landeskirchen und Gemeinden, die die Einführung der neuen Perikopenordnung bei sich gottesdienstlich begehen wollen, stehen Gottesdienstentwürfe und liturgische Module im Internet zur Verfügung. Das Lektionar, das Perikopenbuch und ein Ergänzungsheft zum Evangelischen Gesangbuch mit den neuen Liedern der Woche bzw. des Tages und mit den Gebetspsalmen für die Gemeinde sind im Oktober 2018 erschienen.

1.13 Handreichung mit der Orthodoxen Bischofskonferenz Deutschlands zum Umgang mit Sterben und Tod

Im Rahmen ihres jährlichen Kontaktgesprächs im Juni 2018 haben die EKD und die Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD) eine gemeinsame Handreichung zur Seelsorge an Sterbenden und ihren Angehörigen unter dem Titel „...damit ihr nicht traurig seid (1Thess 4,13). Christlicher Umgang mit Sterben und Tod“ veröffentlicht. Das von einer bilateralen Arbeitsgruppe erarbeitete Dokument gibt Empfehlungen für gemeinsames seelsorgerliches Handeln und setzt sich auch mit medizinethischen Herausforderungen, wie der Organtransplantation und neuen Entwicklungen der Bestattungsformen auseinander (https://www.ekd.de/christlicherumgangmitsterbenundtod33794.htm).

1.14 Begegnung mit dem Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverband

Am 9.Dezember 2017 fand die turnusmäßige Begegnung des Rates mit dem Vorstand des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes statt. Themen waren neben der dankbaren Auswertung des Reformationsjubiläums, Informationen über strategische Neugründungs und Neubelebungsprozesse in der Gemeinschaftsbewegung (Neues wagen), sowie ein Austausch über die Perspektiven des Theologiestudiums.
Am 28. Oktober 2018 trafen sich die für die Kontakte zur Gemeinschaftsbewegung zuständigen Dezernenten der Gliedkirchen mit dem Gnadauer Vorstand. Hier stand neben der gemeinsamen Auswertung des Refomationsjubiläums die inhaltliche Beschäftigung mit dem Text der Kammer für öffentliche Verantwortung „Konsens und Konflikt. Politik braucht Auseinandersetzung“ und eine gegenseitige Information über den Stand der Vereinbarungen zwischen Landeskirchen und Gemeinschaftsverbänden im Mittelpunkt.

1.15 Gemeinsamer Kommunionsempfang in konfessionsverbindenden Ehen

Der nach manchen Wirrungen endgültig als Orientierungshilfe der Deutschen Bischofskonferenz im September 2018 veröffentlichte Text „Mit Christus gehen – der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“ wurde von der Evangelischen Kirche in Deutschland im Grundsatz begrüßt. Als Orientierungshilfe müssen die erarbeiteten Orientierungen von jedem Diözesanbischof eigens freigegeben werden, sodass es unterschiedliche Anwendungsformate geben wird; etwa zwei Drittel aller Diözesen haben dies mittlerweile getan.

Der Text ist deutlich von einem seelsorglichen Anliegen geleitet: Die römischkatholische Kirche wendet sich dem einzelnen Menschen und seiner möglichen Bedrängnis zu, eine im besten Sinne die Sorge um die Seele ausdrückende Grundhaltung. Dabei wird nicht behauptet, dass jedes konfessionsverbindende Ehepaar die Eucharistiefeier braucht, um eine christliche Ehe zu führen, sondern es geht den Bischöfen um jene, die tatsächlich unter der Trennung am Tisch des Herrn leiden und darin „eine schwere geistliche Notlage“ erfahren. Für diese gilt nun der Grundsatz: „Alle, die in einer konfessionsverbindenden Ehe nach einer reiflichen Prüfung in einem geistlichen Gespräch mit dem Pfarrer oder einer mit der Seelsorge beauftragten Person zu dem Gewissensurteil gelangt sind, den Glauben der katholischen Kirche zu bejahen, eine `schwere geistliche Notlage´ beenden und die Sehnsucht nach der Eucharistie stillen zu müssen, dürfen zum Tisch des Herrn hinzutreten, um die Kommunion zu empfangen.“ (Nr. 56)

Natürlich hat der Rat der EKD auch daran erinnert, dass dies erst die eine Hälfte des Weges ist. Die Einladung zur evangelischen Abendmahlsfeier ergeht an alle Getauften, die in ihren Kirchen zum Tisch des Herrn zugelassen sind, also auch an die römischkatholischen Geschwister. Aber diese Einladung kann von den katholischen Geschwistern (noch) nicht angenommen werden. Das schmälert aber keineswegs den positiv zu würdigenden Grundsatz: Evangelische Christen in konfessionsverbindenden Ehen sind in einer großen Zahl von Diözesen nach entsprechender Vorbereitung bei der Eucharistie willkommen. Damit hat die Deutsche Bischofskonferenz einen Weg gefunden, wie sie die faktisch weithin etablierte Realität an der Basis aus dem Licht der Unrechtmäßigkeit holen kann. Dass aber gerade das theologische Gespräch über die gemeinsame Feier am Tisch des Herrn mit diesem Text noch nicht beendet ist, sondern nicht zuletzt auch diese Orientierungshilfe manche theologische Frage offenlässt, sei auch nicht geleugnet. Es gilt aber, den ökumenischen Schwung aus dem Reformationsjubiläumsjahr weiter aufzunehmen und Zuversicht im ökumenischen Dialog zu behalten.

 

1.16 Kooperation mit den Freikirchen

In ihrem jährlichen Kontaktgespräch im Januar 2018 haben die EKD und die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) eine gemeinsame theologische Konferenz zum Thema „Taufe“ für den 6.7. März 2019 in der theologischen Hochschule Reutlingen vereinbart. Das theologische Gespräch soll das gegenseitige Verstehen fördern, die Erfahrungen des Zusammenwirkens vertiefen und am Beginn eines Prozesses des „healing of memories“ stehen.

1.17 Mitarbeit in der ACK

Aus dem vielfältigen Zusammenwirken mit der ACK in Deutschland ist insbesondere hervorzuheben, dass die ACKMitgliederversammlung am 14.15. März 2018 die Einladung der Vollversammlung des Ökumenischen Rates nach Karlsruhe im Jahr 2021 durch einen entsprechenden Beschluss unterstützt hat. Mit Blick auf den Antrag der Neuapostolischen Kirche auf ACKGastmitgliedschaft veranstaltete die EKD einen Studientag für die ACKDelegierten zum Thema „Zusammenarbeit mit der Neuapostolischen Kirche“ am 1. Februar 2018 in Kassel.

1.18 Einführung des Reformationsfeiertages in Norddeutschland

Es ist erfreulich, dass anlässlich des Reformationsjubiläums der 31. Oktober 2017 in Deutschland einmalig ein bundesweiter gesetzlicher Feiertag war. Dazu hatten alle Bundesländer, in denen der Reformationstag normalerweise kein Feiertag ist, Gesetze bzw. Verordnungen erlassen, die den 31. Oktober zum gesetzlichen Feiertag erklärten. Inzwischen ist der 31.Oktober durch Beschluss der jeweiligen Landesparlamente ab 2018 auch in SchleswigHolstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen zu einem gesetzlichen Feiertag geworden. Diese Entwicklung bedeutet Aufgabe und Chance für die Kirchen zugleich.

1.19 Tagung „Gemeinsam engagiert! Theologische Aspekte für die Zusammenarbeit von beruflich und ehrenamtlich Engagierten“

Im Zusammenhang eines „realistischen Diskurses zur Frage des theologischen Selbstverständnisses einer kleiner werdenden Kirche in einer säkularer werdenden Zivilgesellschaft“, den Erfahrungen von Kooperationen mit Akteuren der Zivilgesellschaft und der Notwendigkeit einer Reflexion einer überzeugenden Theologie für das 21. Jahrhundert soll auch die „Motivation und Qualifikation des Haupt und Ehrenamtes gestärkt werden“ (siehe Zielbeschreibung des Rates). Diesem Ziel diente die Tagung „Gemeinsam engagiert! Theologische Aspekte für die Zusammenarbeit von beruflich und ehrenamtlich Engagierten“ vom 16.18. Mai 2018 in der Ev. Bildungsstätte auf Schwanenwerder.

Angesichts von Rollenveränderungen zwischen ehrenamtlich Engagierten und Hauptamtlichen, insbesondere im Zuge von Strukturveränderungen in Kirchengemeinden und Kirchenkreisen galt es, die Entwicklung des Haupt und Ehrenamtes systematischtheologisch zu beleuchten. Zusätzlich wurden Erkenntnisse aus dem Freiwilligenmanagement und der Reflexion zivilgesellschaftlichen Engagements mit den innerkirchlichen Veränderungsprozessen in Verbindung gebracht. Praxiserfahrungen aus den Gliedkirchen zu Aspekten der Ausbildung sowie Fort und Weiterbildung, der Anerkennungskultur, der Personalentwicklung, der unterschiedlichen Rahmenbedingungen und der Handlungslogiken der ehrenamtlich und beruflich Tätigen wurden bedacht. Es wurde erkennbar, dass insbesondere die Ausgestaltung einer „Theologie der Mitarbeitenden“, die sich auf die Arbeit der ehrenamtlich und beruflich Mitarbeitenden wie auch auf die Arbeit der Mitarbeitenden aller in der Kirche anzutreffenden Berufsgruppen in den vielfältigen Formen der Zusammenarbeit beziehen muss, als Zukunftsaufgabe der Praktischen Theologie und der Kirchenleitung auf allen Ebenen zu markieren ist. Die Ergebnisse der Tagung, die aus der Konferenz der Beauftragten für ehrenamtliches Engagement heraus in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Berlin veranstaltet wurde, werden in die weitere Arbeit der Konferenz aufgenommen.

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