Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens
Gewaltsame Konflikte und zivile Intervention an Beispielen aus Afrika - Herausforderungen auch für kirchliches Handeln. EKD-Text 72, 2002
5. Fazit
Religionen und Religionsgemeinschaften sind weder per se die Ursachen für Kriege und Gewalthandlungen, noch sind sie per se friedensstiftend. Religiöse Identität kann bei der Gruppenbildung von Konfliktparteien eine wichtige Rolle spielen, Religion kann zur Legitimierung von Gewalthandlungen missbraucht werden. Aber ebenso können Religionen und Religionsgemeinschaften ein wichtiges Potential zur Wahrung und Wiederherstellung des Friedens und zur Versöhnung entfalten. Ob Religionsführer in Konfliktsituationen sich für versöhnendes und friedensstiftenden Handeln einsetzen, oder ob sie selbst zur Konfliktpartei werden, ist auch eine Herausforderung für den ökumenischen und den interreligiösen Dialog der Partnerkirchen in Nachbarländern, in Europa und Amerika. Die Kirchen in Europa können durch eine intensive Wahrnehmung des ökumenischen Dialogs mit ihren Partnerkirchen in Konflikt- und Kriegssituationen einen wichtigen Beitrag leisten zu einer Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit. Auch der interreligiöse Dialog muss sich des Themas der religiösen Legitimierung von Gewalt stärker annehmen.
In einer globalisierten Welt sind es viele Faktoren, die auf die gewaltsame Austragung selbst von entlegenen lokalen Konflikten Einfluss haben. Zwar können diese Konflikte nicht von außen gelöst werden, doch können wirtschaftliche und politische Entscheidungen in den Industrieländern, Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe erhebliche Auswirkungen auf den Verlauf, die Intensität und die Dauer der gewaltsamen Austragung dieser Konflikte haben. Insbesondere der Zusammenhang von Kriegsökonomien und Weltwirtschaft muss im Hinblick auf die Konflikte in Afrika, aber auch in anderen Regionen beachtet werden. Ein verantwortliches Handeln der Unternehmer könnte erheblich dazu beitragen, die Möglichkeiten einer gewaltsamen Austragung von Konflikten zu verringern.
Kirchen, Entwicklungsorganisationen, Menschenrechtsorganisationen, humanitäre Hilfsorganisationen, zivile Friedensdienste, Wissenschaft und Friedensforschung sowie die bilaterale und internationale Diplomatie – sie alle haben Zugänge und Wirkungsmöglichkeiten, die genutzt werden können und müssen, um die gewaltsame Austragung von Konflikten zu verhindern oder zu ihrer Beendigung beizutragen. Dabei muss aber sorgsam darauf geachtet werden, dass die gutgemeinten Interventionen von außen nicht dazu beitragen, die Konflikte oder ihre gewaltsame Austragung zu verschärfen. Auch Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit sind nicht davor gefeit, ungewollte negative Nebenwirkungen zu erzeugen. Nothilfemaßnahmen und Entwicklungsprojekte sind auch in Kriegssituationen unverzichtbar. Dabei muss sorgfältig geprüft werden, wie negative Auswirkungen auf das Konfliktgeschehen verhindert werden können.
Die Wirksamkeit von externen Interventionen kann gesteigert werden, wenn es den beteiligten Akteuren gelingt, dabei ein Verständnis von sich gegenseitig ergänzen der also komplementärer Zusammenarbeit zu entwickeln und Mechanismen und Verfahren zu erarbeiten, die solche komplementäre Zusammenarbeit ermöglichen.
Doch auch wenn externe Interventionen in Zukunft aufeinander abgestimmt werden, politisches und wirtschaftliches Handeln kohärent gestaltet wird, gilt: Frieden kann durch externe Interventionen gefördert, aber nicht geschaffen werden.