Für ein Leben in Würde. Die globale Bedrohung durch HIV/Aids und die Handlungsmöglichkeiten der Kirche
Eine Studie der Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung, EKD-Texte 91, 2007
4. Kirchliches Engagement
Durch das vielfältige Beziehungsnetz der deutschen Kirchen sowie ihrer Entwicklungsorganisationen und Missionswerke mit den Partnerkirchen und -gruppen in den Ländern des Südens und Osteuropas wurde die Problematik von HIV/Aids zu einem wichtigen Feld des ökumenischen Dialogs. Die durchaus vorhandenen unterschiedlichen theologischen und nationalen politischen Bewertungen der Pandemie führten zu intensivem Austausch über die Rolle der Kirchen ebenso wie zur gemeinsamen Entwicklung und Umsetzung hoffnungsvoller Ansätze.
4.1 Kirchliche Hilfs- und Missionswerke: Aids-Bekämpfung als Querschnittsaufgabe
Viele kirchliche Entwicklungs- und Missionswerke haben HIV/Aids als Schwerpunktthema für die nächsten Jahre gewählt und wollen die Thematik in den eigenen Organisationen fest verankern.
Die Bekämpfung von HIV/Aids als Querschnittsaufgabe (Fachbegriff: „Mainstreaming HIV/Aids“*) strebt sowohl die Integration von HIV/Aids-Arbeit in die Entwicklungsarbeit als auch umgekehrt die Integration von allen Programmen, die auf menschliche Entwicklung zielen, in die HIV/Aids-Arbeit an. HIV/Aids wird so in den „Mainstream“ von Entwicklungsarbeit gebracht, und Programme werden entsprechend überprüft und angepasst.
In diesem Kontext entwickeln Hilfs- und Missionswerke eigene Richtlinien und Empfehlungen zu HIV/Aids. Diese dienen als transparente Richtschnur für den Umgang mit HIV/Aids in der Organisation, als Leitlinien für Projektarbeit und finanzielle und personelle Unterstützung, der Advocacy*-, politischen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der personellen Entsendung u. a. m. Diese Richtlinien werden oft in enger Zusammenarbeit mit Partnerkirchen in Übersee erarbeitet.
Beispielsweise unterstützt das Missionswerk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (MWB) seine Partnerkirche Evangelisch-Lutherische Kirche im Kongo in der Entwicklung einer HIV/Aids-Richtlinie, bei der es darum geht, wie die Kirche in einer Nachkriegssituation, in der HIV/Aids zusätzlich mit Traumata von erlebter sexueller Gewalt, sozialer Entwurzelung und Perspektivlosigkeit verknüpft ist, auf die HIV/Aids-Problematik reagieren kann.
Zudem haben die meisten Werke spezielle „Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bzw. Verantwortliche für HIV/Aids“ bestimmt und führen Fortbildungen und Qualifizierungen von Mitarbeitenden zu HIV/Aids mit dem Ziel durch, „Aids-Kompetenz“ zu erlangen. Zum Austausch, gegenseitigen Lernen und zur Informationsvermittlung werden Workshops und Konsultationen zu verschiedenen HIV-bezogenen Themen veranstaltet.
Bei diesen Aktivitäten steht Akteuren eine Aids-Arbeitsgruppe des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission e.V. (Difäm), das als bundesweite Fachstelle für Gesundheitsarbeit der deutschen evangelischen Entwicklungszusammenarbeit fungiert, beratend zur Seite. Sie wurde 2001 auf Anregung des Rates der EKD eingerichtet. Auch Brot für die Welt hat weitere Berater und Beraterinnen auf Zeit für HIV/Aids eingestellt.
4.2 Ökumenische Zusammenarbeit: Unterstützung und Advocacy
Das Spektrum der ökumenischen Beziehungen der EKD, ihrer Gliedkirchen, der Entwicklungswerke und Missionswerke zu Partnerkirchen ist vielfältig. Es reicht von direkten Partnerschaften auf Gemeindeebene bis hin zu regelmäßigen Begegnungen auf der Ebene von Kirchenleitungen; die Missionswerke, das Diakonische Werk, die EKD und der eed fördern ausländische Studierende in Deutschland, die später in ihren Heimatkirchen wichtige Multiplikatorfunktionen einnehmen; ökumenische Mitarbeitende aus den Partnerkirchen in Übersee arbeiten in Deutschland; die Werke der Entwicklungszusammenarbeit unterstützen Partnerkirchen durch finanzielle und personelle Zusammenarbeit.
Die ökumenischen Partnerschaften helfen, Vertrauen zu bilden und gemeinsam eine Mission zu leben, die die Menschen in den Kirchen einander als Schwestern und Brüder in Jesus Christus näher bringt. Im Austausch mit Personen aus anderen Ländern findet ein wechselseitiger Lernprozess statt.
So haben z.B. Begegnungen zwischen deutschen Aids-Seelsorgerinnen und Seelsorgern und afrikanischen Betroffenen gezeigt, dass eine partnerschaftliche Vermittlung zwischen Erfahrungen in Deutschland und Problemen in Gebieten mit hoher HIV-Prävalenz für beide Seiten fruchtbar und hilfreich sein kann. Die Vereinte Evangelische Mission (VEM) hat Beraterinnen und Berater zu HIV/Aids u.a. in der Demokratischen Republik Kongo und in Indonesien, die die lokalen Kirchen in HIV/Aids ausbilden und zum Engagement ermutigen. Die VEM führt außerdem erfolgreich einen „Süd-Süd-Austausch“ durch: Besuche von Kirchendelegationen in anderen Ländern ermöglichen ein gegenseitiges Lernen von positiven Erfahrungen und Modellen.
In den ökumenischen Beziehungen ist HIV/Aids in den letzten Jahren ein wichtiges Thema geworden. Für viele afrikanische Partnerkirchen ist es eines der wichtigsten Themen, über die sie sich mit den deutschen Partnern austauschen wollen und bei dem sie Unterstützung erwarten.
Kirchen sind am stärksten in Afrika in der Aids-Arbeit engagiert. In vielen Ländern Afrikas haben Kirchen bereits seit Mitte der achtziger Jahre Aids-Programme zur Aufklärung und Prävention durchgeführt und unterhalten heute darüber hinaus Beratungszentren, bieten freiwillige Testmöglichkeiten an, organisieren Pflege und Hilfe für Aids-Waisen und setzen sich für den allgemeinen Zugang zu antiretroviralen Medikamenten ein.
Bei diesem kirchlichen Engagement ist jedoch festzustellen, dass Vorurteile und Ressentiments gegenüber Aids-Kranken und HIV-Infizierten zwar abgenommen haben, aber auch in den Kirchen nicht völlig verschwunden sind. Fragen der Sexualität, insbesondere der ethischen Bewertung der homosexuellen Orientierung und des Gebrauchs von Kondomen führen zu gravierenden und kaum überbrückbaren Meinungsunterschieden quer durch alle Konfessionen. Es wird eine der großen Aufgaben der nächsten Jahre in der ökumenischen Zusammenarbeit der EKD, ihrer Gliedkirchen sowie der kirchlichen Entwicklungsorganisationen und der Missionswerke sein, den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit der Kirchen im Kampf gegen HIV/Aids zu sichern.
Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der konstruktiven Auseinandersetzung der afrikanischen Kirchen war eine ökumenische Konsultation im Jahr 2001, auf der die Kirchen sich u. a. verpflichteten, Menschen mit HIV zu unterstützen und in kirchliche Aktivitäten einzubeziehen; das Thema HIV/Aids in die Curricula für theologische Ausbildung zu integrieren; Frauen und Mädchen zu stärken; Männer zu bewegen, ihr Verhalten zu ändern und Verantwortung für die Eindämmung der Epidemie zu übernehmen; sowie effektive Mittel der Prävention zu fördern, die Leben retten können [32].
Auch viele Partnerkirchen außerhalb Afrikas sind in der Aids-Arbeit engagiert, vor allem in der Pflege und Versorgung der Kranken und Waisenkinder, aber auch in Aufklärung und Prävention. Die Bedeutung von HIV/Aids wird für die nächsten Jahrzehnte eher noch zunehmen, auch in Ländern, die jetzt noch nicht so betroffen zu sein scheinen, wie in weiten Teilen Asiens und Osteuropas.
Es gibt viele Bereiche in der Bekämpfung von Aids, die von den Kirchen abgedeckt werden. Hier sind beispielhaft zu nennen:
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Die EKD-Gliedkirchen sowie ihre Missionswerke und die kirchlichen Entwicklungswerke unterstützen auf vielfältige Weise die Arbeit der Partnerkirchen.
So unterstützt Mission Eine Welt (Bayern) die Partnerkirchen besonders bei deren Pilotprogrammen zur Weiterentwicklung ihrer Aids-Arbeit. Beispielsweise wurde die Kenya Evangelical Lutheran Church dabei unterstützt, einen lokal angemessenen Ansatz für Home Based Care zu entwickeln. Im Rahmen des NRW-Projekts „Kirche und Wirtschaft gegen HIV & Aids“ engagieren sich die Evangelische Kirche von Westfalen, die Evangelische Kirche im Rheinland und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe in Südafrika und Namibia, damit dort in kleineren bis mittelgroßen Firmen und in der Tourismusbranche Prävention, Beratung, Tests und antiretrovirale Medikamente angeboten werden. Partnerkirchen und kirchliche Organisationen leisten diese Arbeit vor Ort. -
In vielen Ländern, in denen Christen und Christinnen mit Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften zusammen leben, findet zunehmend und beginnend auch auf der Leitungsebene der Glaubensgemeinschaften eine interreligiöse Zusammenarbeit im Kampf gegen HIV/Aids statt. Manchmal erfahren die deutschen Kirchen in den Partnerkirchen aber auch Verdrängung, Fehleinschätzung und Schweigen gegenüber HIV/Aids.
Anlässlich der UN Sondergeneralversammlung zu HIV/Aids im Juni 2001 wurde eine gemeinsame Erklärung von verschiedenen Religionsgemeinschaften unterzeichnet und veröffentlicht [33]. Auf der Internationalen Aids-Konferenz im Juli 2004 gaben religiöse Führungspersönlichkeiten eine Erklärung heraus, in der sie bekennen, dass „HIV und Aids keine Grenzen kennen. Alle religiösen Gemeinschaften leben mit HIV und Aids... Wir werden nicht ruhen, bis das Versprechen vom ‚Zugang für Alle’ und die Hoffnung auf eine Welt ohne HIV und Aids erfüllt sind”. [34]
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Die EKD und die Entwicklungswerke unterstützen Kirchen in aller Welt in ihren Bemühungen, das Thema HIV/Aids ökumenisch zu verankern.
Zum Beispiel hat sich die Ethiopian Orthodox Tewahedo Church (EOC) mit protestantischen Kirchenvertretern Äthiopiens zu einer konzertierten Aktion zur Bekämpfung der HIV/Aids-Epidemie zusammengeschlossen. Die Armenia Round Table Foundation (ART), der Zusammenschluss der armenischen Apostolischen, Katholischen und Evangelikalen Kirchen, veranstaltet mit Förderung des Evangelischen Entwicklungsdienstes (eed) Seminare zu HIV/Aids für Theologiestudenten. Die angehenden Priester lernen, mit HIV-infizierten Menschen und ihren Familien zu arbeiten und in ihren Gemeinden die HIV–Prävention zu fördern und Stigmatisierung zu senken.
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Die EKD und die kirchlichen Werke sind auch an ökumenischen Netzwerken beteiligt, die mit unterschiedlichen Aufgaben und in unterschiedlichen Regionen tätig sind.
>Die Ecumenical HIV/Aids Initiative in Africa (EHAIA) [35] ist ein gemeinsames Unternehmen der Afrikanischen Kirchen, der Kirchen und ökumenischen Partner im Norden und des ÖRK. Brot für die Welt als Aktion der evangelischen Kirchen war und ist wesentlich an der Initiierung und der weiteren Förderung beteiligt. Durch ökumenischen Austausch, Weiterbildungsveranstaltungen und Erstellung von Materialien befähigt die Initiative die Kirchen in Afrika, Zugang zu Information, Ausbildung, Netzwerken und Finanzierung zu erhalten. Diese Initiative hat dazu beigetragen, dass eine Vielzahl von Kirchen in Afrika im HIV/Aids-Bereich aktiv geworden ist, theologische Institutionen HIV/Aids in ihre Lehrpläne aufgenommen haben und HIV/Aids in die Kirchenliturgie integriert wurde.
Ein weiteres Beispiel eines ökumenischen Netzwerks ist das Ecumenical Pharmaceutical Network (EPN) [36]. Brot für die Welt trägt die Förderung für die deutschen Entwicklungswerke. Das Netzwerk fördert Kapazitätsbildung von kirchlichen pharmazeutischen Programmen durch die Schulung von kirchlichen Gesundheitseinrichtungen im Bereich Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten und fördert den Zugang dieser Gesundheitsdienste zu qualitätsgeprüften preiswerten Medikamenten.
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Die Entwicklungswerke unterstützen Kirchen und zivilgesellschaftliche Organisationen im Süden in ihrer Advocacy-Arbeit, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Advocacy bedeutet das Eintreten für benachteiligte Menschen und für Veränderung von ungerechten Strukturen. Durch Advocacy wird z. B. versucht, Einfluss auf Regierungen der betroffenen Länder zu nehmen, HIV/Aids auf die politische Tagesordnung zu setzen und die notwendige Zuteilung von Ressourcen zur Aids-Bekämpfung vorzunehmen.
So unterstützt z.B. Brot für die Welt die Organisation Treatment Action Campaign [37] in Südafrika, die sich für den Zugang zur Aids-Behandlung einsetzt. Darüber hinaus unterstützen die EKD und ihre Entwicklungswerke auch das Globale Ökumenische Aktionsbündnis (engl. Ecumenical Advocacy Alliance [38]), in dem protestantische und katholische Organisationen vertreten sind, unter anderem der Ökumenische Rat der Kirchen und der Lutherische Weltbund. Das Bündnis hilft Kirchen und ökumenischen Einrichtungen in ihrer Auseinandersetzung mit HIV/Aids. So war es 2004 beteiligt an der Ausrichtung einer Ökumenischen Konferenz als einer Plattform für den ökumenischen Austausch im Kampf gegen HIV/Aids. Weiterhin hat es den Beitrag der Kirchen im Kampf gegen HIV/Aids auch nach außen hin sichtbar gemacht und damit erreicht, dass Kirchen auch von säkularen und internationalen Organisationen als wichtige Partner bei der Überwindung von HIV/Aids wahrgenommen werden.
4.3 Partnerkirchen: HIV/Aids in der theologischen Ausbildung
In einigen Partnerkirchen ist das Thema HIV/Aids fester Bestandteil in der Ausbildung von kirchlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und Theologen und Theologinnen. Idealerweise handelt es sich dabei nicht um ein Kursangebot neben anderen, sondern um ein in die gesamte Ausbildung integriertes Thema. Dazu gehören auch besondere Kurse, die epidemiologische Kenntnisse, Wissen über HIV-Therapie und Prävention sowie soziokulturelle Aspekte etc. vermitteln.
Für Afrika hat die Ecumenical HIV/Aids Initiative in Africa (EHAIA) Curricula für HIV/Aids in der theologischen Ausbildung entwickelt, die an einigen theologischen Ausbildungsstätten verwendet werden. Initiativen wie EHAIA und das entsprechende South Asian Ecumenical Partnership Programme (SAEPP) in Südasien haben das Potential, auch kleinere Kirchen, Kirchen in entfernten Landesteilen und evangelikale Kirchen zu erreichen. Hier haben Hilfs- und Missionswerke die Aufgabe, solche Programme im ökumenischen Kontext mit adäquaten Ressourcen auszustatten, damit diese mit ihrer Arbeit dem großen Bedarf nachkommen können. Das Evangelische Missionswerk in Deutschland (EMW) fördert durch sein Referat „Theologische Ausbildung“ formelle Bildung in Ausbildungsinstituten, aber auch „informelle“ Bildung weltweit.
Biblische Texte, theologische Grundsatzfragen und ethische Perspektiven, die mit der Bestimmung des Menschen und seiner Verantwortung, mit Prägungen der Frömmigkeit, mit Ehe und Familie und gelebter Geschlechtlichkeit zu tun haben, bekommen in Zeiten von HIV/Aids eine zugespitzte Bedeutung. Daher sollte in der Ausbildung in den Partnerkirchen in allen Disziplinen der Theologie HIV/Aids als eine Lebenswirklichkeit reflektiert werden. Wechselwirkungen mit Fragen von Gerechtigkeit, Gender und modernen Technologien werden dabei zu berücksichtigen sein.
4.4 Aids-Arbeit in Deutschland: Aktionsbündnis gegen Aids
In Deutschland waren es vor allem die Gemeinschaften homosexueller Männer und Frauen sowie andere Gruppen, die Anfang der 80er Jahre die Deutschen Aids-Hilfen gründeten. Diese engagieren sich seither in der politischen, sozialen und praktischen Unterstützung und in der Selbsthilfe als Anwälte der Betroffenen. Die Kirchen in Deutschland haben durch HIV/Aids und den damit verbundenen Fragen und vor allem durch die betroffenen Menschen selbst viel gelernt.
In Hamburg wurde 1994 die erste Aids-Seelsorgestelle im Bereich der EKD eingerichtet, getragen vom Kirchenkreisverband in der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche [39]. Seit 1994 besteht auch die Aids-Seelsorge der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, in dem Kirchenbezirksbeauftragte als Aids-Seelsorgerinnen und -Seelsorger Studientage, Gottesdienste und Arbeit mit Migrantinnen und Migranten durchführen und eine Ansprechstelle für Menschen mit HIV/Aids und Betroffene sind. Mit diesem Beratungs- und Seelsorgeangebot, das es auch in vielen anderen EKD-Gliedkirchen gibt, wird Kirche konkret erfahrbar, vor allem auch für Menschen, die kirchenfern sind und aus anderen Lebenswelten kommen. So engagiert sich in Berlin die Ökumenische Aids-Initiative Kirche positHIV mit einem Kreis von Ehrenamtlichen, von denen einige selbst mit HIV/Aids leben.
Im Dezember 2000 wurde ein breites internationales Netzwerk von über 50 Kirchen und christlichen Organisationen (Ecumenical Advocacy Alliance, dt. Globales Ökumenisches Aktionsbündnis) mit dem Ziel gegründet, mit einer weltweiten Kampagne das Schweigen über Aids zu beenden und die Eindämmung der globalen Epidemie voranzutreiben. Die deutschen Partner dieser internationalen Aktion schlossen sich im Jahr 2001 zu einem Initiativkreis zusammen, dem sieben evangelische Organisationen angehörten: Brot für die Welt, Deutsches Institut für Ärztliche Mission (Difäm), Evangelischer Entwicklungsdienst (eed), Evangelisches Missionswerk in Deutschland (EMW), Kindernothilfe, Nordelbisches Zentrum für Weltmission und Kirchlichen Weltdienst (NMZ) und Vereinte Evangelische Mission (VEM).
Aus diesem Initiativkreis entstand das Aktionsbündnis gegen Aids mit der Aids-Kampagne „Leben ist ein Menschenrecht!“, die als Teil der internationalen sozialen Bewegung für die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen, die mit HIV und Aids leben, verstanden wird [40]. Zu den Zielen der Kampagne gehören der Einsatz für das Menschenrecht auf Leben und Gesundheit, die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die Aids-Prävention und -Behandlung durch die Bundesregierung sowie die Reduktion der Kosten für die lebenswichtigen Aids-Medikamente durch die pharmazeutischen Hersteller.
Dem Aktionsbündnis gegen Aidsgehören inzwischen 85 deutsche evangelische, katholische und säkulare Organisationen der Aids- und Entwicklungszusammenarbeit, Kirchen, Missionswerke u. a. an. Außerdem sind mehr als 250 Basisgruppen aus dem Bundesgebiet beteiligt; dies sind z. B. Kirchengemeinden, Eine-Welt-Initiativen und die lokalen Aids-Hilfen. Die Aktivitäten in der Aids-Arbeit auf Gemeindeebene sind oft abhängig vom Engagement Einzelner und der Schaffung von örtlichen Netzstrukturen, um gemeinsam mit der Aids-Hilfe u. a. vor Ort aktiv zu werden.
Das Aktionsbündnis hat zu einer Annäherung von Kirchen und anderen in der Aids-Arbeit aktiven Organisationen wie z.B. den Aids-Hilfen und zu einer Zusammenarbeit zwischen evangelischen und katholischen Christinnen und Christen beigetragen. Es ist zu einer zentralen Informationsstelle für Medien, interessierte Öffentlichkeit und Personen aus Politik, Wirtschaft und Kirche geworden. Das Aktionsbündnis hat auch international Anerkennung gefunden und arbeitet mit der Welt-Aids-Kampagne, dem Globalen Fonds, sowie UN-, zivilgesellschaftlichen und anderen Advocacy-Organisationen zusammen.