Unzufriedenheit mit der Institution Kirche – Grund für einen Kirchenaustritt?
Wir nehmen Ihre Kritik ernst
Die Studie zu Kirchenaustritten aus der EKD hat gezeigt, dass die Unzufriedenheit mit der Institution Kirche einer der häufigsten Gründe für den Kirchenaustritt ist. Diese Unzufriedenheit hat verschiedene Ursachen. Zum einen kann eine persönliche Enttäuschung der Grund dafür sein.
Zum anderen liegt die Ursache in der öffentlichen Kritik an der Kirche begründet. Diese Kritik bezieht sich häufig auf aktuelle Skandale wie Missbrauchsskandale in der Kirche oder die Rolle der Frau in der Kirche.
Unsere Botschaft ist klar: Die evangelische Kirche verurteilt jegliche Form von sexueller Gewalt, Missbrauch, Homophobie sowie Rassismus, Diskriminierung und andere Formen der Intoleranz.
Es ist uns ein besonderes Anliegen, uns zu all diesen Themen zu positionieren. Wir wollen Veränderungen vorantreiben und haben ein offenes Ohr für Ihre Anregungen und Fragen. Kontaktieren Sie die Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen der evangelischen Kirche, wir stehen gerne jederzeit zur Verfügung. Auf dieser Seite erfahren Sie, wie sich die evangelische Kirche zu der wachsenden Unzufriedenheit mit der Institution Kirche positioniert und welche Maßnahmen sie ergreift.
Kirche der Zukunft: Wir sind offen für Kritik und übernehmen Verantwortung
In der 2021 veröffentlichten Studie wurden ehemals Evangelische zu ihren Gründen für den Kirchenaustritt befragt. Die umfangreiche Statistik gibt jedoch nicht nur Aufschluss über die Austrittsgründe, sondern auch über demografische Veränderungen in Bezug auf die Bindung zur Kirche sowie das religiöse Selbstverständnis.
Die Befragung ergab, dass eine fehlende Mitgliederbindung und eine allgemeine Unzufriedenheit mit der Institution Kirche insgesamt schwerer wiegen als konkrete Anlässe. Nur wenige nannten einen konkreten Anlass als Grund für den Kirchenaustritt. In vielen Fällen liegt keine Beziehung zu Kirche und Glauben vor, wenn zuvor eine christlich-religiöse Prägung im Elternhaus ausgeblieben ist.
Als Gründe für die Unzufriedenheit gaben fast 70 % der Befragten an, die Kirche als unglaubwürdig zu empfinden. 46 % sind unzufrieden mit der Gleichstellung der Frau in der Kirche und etwa 50 % möchten sich von den kirchlichen Werten distanzieren. Auch der fehlende Bezug zur Gemeinde wiegt mit rund 58 % schwer.
Eine weitere zentrale Kritik an der Kirche als Institution ist, dass sie keine zeitgemäße Haltung und Rolle mehr in der modernen Welt habe und nicht in die moderne Gesellschaft passe. Dieser Kritik liegt jedoch oftmals eine Unwissenheit über das soziale und gesellschaftliche Engagement der evangelischen Kirche zu Grunde. Die evangelische Kirche ist kein engstirniger, sondern ein offener Ort des Dialogs. Wir wollen eine Kirche der Zukunft sein; offen, flexibel und zeitgemäß.
Die evangelische Kirche sieht sich nicht als Gegenpol zur Gesellschaft, sondern als deren Mitte. Durch den gesellschaftlichen Wandel haben sich auch Orientierungen und Werte verändert – diese Entwicklung wirkt in die Kirche hinein. Gleichzeitig wirkt die Kirche mit ihrem christlichen Wertehorizont in die Gesellschaft hinein. Dieses Schwingen in beide Richtungen ist ein wesentliches Merkmal im Selbstverständnis der evangelischen Kirche. Die evangelische Kirche verteidigt die Individualität, Freiheit, Würde und Gleichstellung der Menschen in der Gesellschaft.
Das soziale Engagement für ein solidarisches Miteinander in der Gesellschaft
In einer Welt der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung möchten wir Zeichen setzen für ein solidarisches Miteinander – über die Grenzen der Konfession hinweg. Deshalb möchten wir den Dialog in unserer Gesellschaft und innerhalb der evangelischen Kirche stärken und neue Impulse setzen. Dazu gehört auch, dass wir als christliche Solidargemeinschaft gemeinsam Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft übernehmen.
Durch ihre vielseitigen karitativen und diakonischen Tätigkeitsfelder ist die evangelische Kirche zu einer wichtigen Säule der Gesellschaft geworden. Dazu tragen die vielen sozialen Einrichtungen wie Kindergärten, Kindertagestätten, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Hospize bei. Zu den wichtigen Aufgaben der Kirche gehört auch der Kampf für Freiheit, Gleichheit und die Würde des Menschen und der Einsatz gegen Armut und Unterdrückung. Durch soziale Projekte und Impulse, die zu einer offenen Diskussion einladen, soll ein Wandel ermöglicht werden, der die gesamten Strukturen der evangelischen Kirche umfasst.
Sexualisierte Gewalt und Missbrauch in der Kirche: Prävention und Bekämpfung
Zur Unzufriedenheit mit der Institution Kirche haben vor allem die Fälle von Missbrauch in der Kirche beigetragen. Nicht immer wird dabei in der öffentlichen Wahrnehmung zwischen katholischer oder evangelischer Kirche unterschieden. Die Skandale zur sexualisierten Gewalt an Kindern („Kindesmissbrauch“) wurden auch in der Studie besonders häufig als konkrete Anlässe für den Kirchenaustritt angebenden. Die evangelische Kirche übernimmt Verantwortung und hat eine klare Positionierung zum Thema Missbrauch in der Kirche:
Die evangelische Kirche verurteilt jede Form der sexuellen Gewalt aufs Schärfste und strebt die strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung von Straftätern an. Um weitere Fälle zu vermeiden, setzen wir uns aktiv mit sozialen Projekten, Programmen, Aufklärungsarbeit und der Bereitstellung von Fördermitteln für die Prävention und Bekämpfung von Missbrauch in der Kirche ein. Die Botschaft der evangelischen Kirche gegenüber Missbrauch ist eindeutig: Null Toleranz für Täter.
Frauen in der Kirche: Keine Kirche ohne Frauen
Die Studie hat zu Tage gebracht, dass ein wesentlicher Grund für die Unzufriedenheit mit der Institution Kirche die fehlende Gleichberechtigung der Frau in der Kirche ist. Die evangelische Kirche setzt sich nicht nur für die Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft ein, sondern auch innerhalb der Institution Kirche. Es ist uns daher ein besonderes Anliegen, uns ebenfalls zu der Rolle der Frau in der evangelischen Kirche zu positionieren.
Nach evangelischem Verständnis gibt es keine biblischen oder theologischen Gründe, die gegen die führende Rolle von Frauen in der Kirche sprechen. Es gilt das gleiche Recht und die gleiche Würde für Frauen und Männer. In diesem Sinne und weil die Gleichberechtigung der Frau in der Gesellschaft zeithistorisch noch in den Kinderschuhen steckt, setzt sich die evangelische Kirche bereits seit vielen Jahren aktiv dafür ein, dass die Leistungen und Fähigkeiten der Frauen in Kirche und Gesellschaft genauso geschätzt und entlohnt werden wie die der Männer. Dazu gehören auch das moderne Kirchenverständnis von einer frei gewählten Lebensform der Ehelosigkeit und die Ablehnung des Zölibats.
Seit November 2021 stehen mit der Ratsvorsitzenden Annette Kurschus, ihrer Stellvertreterin Kirsten Fehrs und der Präses der EKD-Synode Anna-Nicole Heinrich zum ersten Mal in der Geschichte drei Frauen an der Spitze der Kirchenführung. Sie setzen ein wichtiges Zeichen für die Gleichberechtigung der Frauen innerhalb der evangelischen Kirche. Etwa 40 % der Pfarrstellen in der evangelischen Kirche sind mit Frauen besetzt.
Der Kampf für Gleichberechtigung und Toleranz: Eine Kirche gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung
Die evangelische Kirche verurteilt jegliche Form von Rassismus, Diskriminierung, Homophobie und andere Formen der Intoleranz. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dort, wo die Würde des Menschen verletzt wird, kann sich die evangelische Kirche nicht neutral verhalten. Wo Menschen diskriminiert, ausgegrenzt, verfolgt oder Opfer von Gewalt werden, setzen wir uns für die Verteidigung und den Schutz der Menschenrechte ein. Nach christlichem Verständnis ist das Engagement für die Verwirklichung der Nächstenliebe tief im Glauben verankert.
Mit sozialen Projekten, Programmen und der Bereitstellung von Fördermitteln setzen wir uns für die Prävention und Bekämpfung von Rassismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ein. Ebenso engagiert sich die evangelische Kirche gegen Homophobie und Intoleranz. So soll beispielsweise durch das Programm „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ ein Beitrag zu der grundlegenden Wertebasis der Europäischen Union geleistet werden. Auch innerhalb der Kirche haben Homophobie und Intoleranz gegenüber Minderheiten keinen Platz.
Persönliche Enttäuschung in der Gemeinde: Diese Möglichkeiten gibt es
Wenn Christinnen und Christen sich aus persönlicher Enttäuschung für einen Kirchenaustritt entscheiden, bedauern wir dies zutiefst. Wenn Sie mit dem Pfarrer bzw. der Pfarrerin Ihrer Ortsgemeinde schlechte Erfahrungen gemacht haben oder Sie sich in der Gemeinde, der Sie angehören, nicht wohlfühlen, kommt vielleicht ein Gemeindewechsel infrage. Als Kirchenmitglied sind Sie nicht verpflichtend an Ihre Ortsgemeinde gebunden.
Sind Sie mit der Gestaltung Ihrer Gottesdienste unzufrieden, fühlen Sie sich einer anderen Gemeinde mehr verbunden oder möchten das soziale Engagement von Bekannten und Freunden in einer anderen Gemeinde unterstützen? Dann können Sie die Gemeinde wechseln oder ortsunabhängige Angebote wahrnehmen.
In den lokalen Zeitungen finden Sie Informationen über die wöchentlichen Angebote der verschiedenen Kirchengemeinden. Oder Sie wenden sich an die für Ihren Wohnort zuständigen Ansprechpartner. Jede Landeskirche hat auf Ihrer Homepage eine Übersicht ihrer Kirchenkreise mit den dazugehörigen Kontaktdaten der zuständigen Ansprechperson aufgeführt.
Teilen Sie uns Ihre Kritik an der evangelischen Kirche mit
Wenn Sie aus der Kirche austreten, akzeptieren wir Ihre Entscheidung. Dennoch bedauern wir jeden Kirchenaustritt zutiefst, da der Kirchenaustritt einer Absage an die kirchliche Glaubensgemeinschaft gleichkommt. Kirchenmitglieder sollten sich der Tragweite und der Folgen, die mit einem Kirchenaustritt verbunden sind, bewusst sein. Auch sollten Sie bedenken, dass durch einen Kirchenaustritt keine Veränderung innerhalb der Kirche erreicht werden kann. Denn die Kirche – das sind alle einzelnen Kirchenmitglieder, die in ihrer Gesamtheit die christliche Gemeinschaft bilden.
Wenn Sie mit der Position der evangelischen Kirche oder der offizieller Vertreter*innen nicht einverstanden sind, teilen Sie uns dies gern über den Info-Service der EKD mit. Schreiben Sie eine Mail an info@ekd.de oder rufen Sie uns kostenfrei an unter der Rufnummer 0800-50 40 60 2. Wir beantworten gern Ihre Fragen, geben Ihre Kritik und Anregungen weiter und freuen uns über Ihr Feedback.
Wir bedauern jeden einzelnen Kirchenaustritt und setzen uns intensiv mit Ihren Beweggründen für Ihre Unzufriedenheit mit der Institution Kirche auseinander. Als Kirche der Zukunft treiben wir den Wandel voran und setzen uns für mehr Solidarität, Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und die Würde des Menschen ein. Für Fragen, Anregungen und Gespräche über Ihre Zweifel und Bedenken bieten wir Ihnen ein vielseitiges Beratungsangebot. Wir freuen uns auf einen offenen Dialog.