Gefährdetes Klima
4. Welche Auswirkungen hat die Gefährdung des Klimas auf das Verhältnis zwischen Nord und Süd?
(92) In den Diskussionen um die Erhaltung des weltweiten ökologischen Gleichgewichts und die ökologischen Gefährdungen unserer Wohlstandsgesellschaft werden die Länder des Südens mit ihren Entwicklungsansprüchen und wachsenden Bevölkerungszahlen von den entwickelten Gesellschaften des Nordens häufig als Bedrohung empfunden. Dies gilt gerade auch für die Klimaproblematik. Die Abholzung der tropischen Regenwälder wie auch der zunehmende Energieverbrauch und dadurch steigende CO2-Ausstoß durch wirtschaftliche Entwicklungsanstrengungen und Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern werden von vielen Menschen aus der industrialisierten Welt für die drohende Klimaveränderung mit ihren Gefährdungen für das eigene Wohlstandsmodell verantwortlich gemacht. Die Zahlen für kommerzielle Energie weisen in der Tat einen im Vergleich zu den Industriestaaten stärker ansteigenden Energieverbrauch für Entwicklungsländer aus. Die Zuwachsrate lag zwischen 1980 - 1990 für Länder mit niedrigem Einkommen bei 5,5 %, für Länder mit mittlerem Einkommen bei 3,6 % und für die Industriestaaten bei 1,5 %. Durch Abholzung und steigenden Energiekonsum werden auch höhere Zuwachsraten für CO2Emissionen in Entwicklungsländern als in den Industriestaaten erwartet.
(93) Vergegenwärtigt man sich jedoch die unterschiedlichen Konsumstandards in Nord und Süd, die sich in unterschiedlichen Verbrauchszahlen von Energie und Rohstoffen niederschlagen, so wendet sich dieses Bedrohungsszenario gegen die Industriestaaten. Die Industriestaaten mit ca. 23 % der Weltbevölkerung verbrauchen derzeit ca. 85 % der Hölzer, konsumieren 70 % der kommerziellen Weltenergieproduktion und verursachen 80 % der weltweiten CO2Emissionen. Allein die USA mit nur 5 % der Weltbevölkerung verbrauchen 40 % aller weltweit geförderten Rohstoffe und 25 % der kommerziellen Energie. Sie beanspruchen pro Jahr 76 Mio. t Papier, Pappe und Karton, knapp ein Drittel der Weltproduktion. Ein Bürger aus einem industrialisierten Land bedeutet für die Biosphäre eine weit größere Belastung als ein armer Einwohner eines Entwicklungslandes. Der durchschnittliche Verbrauch an kommerzieller Energie pro Kopf betrug in Afrika 14, in Asien 20, in Lateinamerika 37, in den damaligen Staaten mit zentraler Planwirtschaft 167 und in den Industriestaaten 185 Gigajoules. Auf ein Auto kommen in Asien 121, in Afrika 75, in Lateinamerika 15, in Westeuropa 3 und in den USA 2 Einwohner. Auf die USA und Westeuropa entfallen allein 65 % der weltweit genutzten Autos.
(94) Erhebliche Pro-Kopf-Unterschiede gelten aber nicht nur für den Energieverbrauch, sondern auch für den Holzverbrauch. Die Vernichtung von Wald als CO2-Speicher und die damit verbundene Freisetzung von CO2 befriedigt zum großen Teil die Konsumbedürfnisse der entwickelten Staaten an Holz und Papier. Zwar wird ein Großteil der abgeholzten tropischen Regenwälder in den Entwicklungsländern als Brennholz genutzt, doch sind von der Abholzung nicht nur die tropischen Regenwälder betroffen, die mehrheitlich in den Ländern des Südens gelegen sind, sondern - was häufig übersehen wird - gleichermaßen die Primärwälder der gemäßigten Zonen (zum Beispiel in Kanada, in den USA, Skandinavien, Rußland, China etc.). Die Waldvernichtung hat in Rußland besonders dramatische Ausmaße angenommen. Im Streit um Emissions- und Verschmutzungsrechte und deren Berechnungsgrundlage ist es bisher nicht gelungen, die Nord-Süd-Interessenkonflikte zu überbrücken. Der Abschluß einer internationalen Konvention zum Schutz der Wälder ist damit blockiert.
(95) Die Zahlen verdeutlichen ein neues Konfliktfeld zwischen Nord und Süd: den Konflikt um ökologische Spielräume der Entwicklung. Angesichts von Armut und Verelendung von breiten Bevölkerungsteilen in Entwicklungsländern wird ein wirtschaftliches Wachstum und damit auch eine Zunahme des Energieverbrauchs in diesen Ländern auch in Zukunft unerläßlich für die Befriedigung der Grundbedürfnisse ihrer Bevölkerung sein. Die obigen Zahlen haben jedoch auch gezeigt, daß angesichts der Endlichkeit von Ressourcen und der Bela stungsgrenzen von Natur durch Schadstoffe eine Fortsetzung und weltweite Verbreitung des westlichen Wachstums- und Überflußmodells einen ökologischen Kollaps hervorrufen würden. Das hohe Konsumniveau und der Lebensstil in den entwickelten Gesellschaften sind nicht verallgemeinerungsfähig. Dies schließt auch die hohen Energieverbrauchsraten und die Emission von Treibhausgasen in den Industriestaaten ein.
(96) In diesem Zusammenhang verweisen die Menschen und Regierungen aus den Entwicklungsländern zu Recht darauf, daß das Bevölkerungswachstum in ihren Ländern bisher weniger für die drohende Klimaveränderung verantwortlich ist als der Überkonsum in den entwickelten Staaten. Der Süden weist das nördliche Interesse an einer Stabilisierung des Bevölkerungswachstums häufig zurück, da dies von der fortgesetzten und wachsenden Ungleichheit hinsichtlich des Zugangs zu Ressourcen, des Ressourcenverbrauchs und der Verteilung des Wohlstands ablenke. Die Sorge über das Bevölkerungswachstum im Süden entspringe vor allem einer tiefsitzenden nördlichen Furcht vor den Auswirkungen, die die wachsenden Bevölkerungszahlen für die Aufrechterhaltung der Wohlstandsinseln haben könnten, falls die Menschen im Süden Verteilungsgerechtigkeit hinsichtlich der Ressourcen einklagen. Dennoch muß man festhalten, daß das Bevölkerungswachstum im Süden ein Problem darstellt, das stärker werden wird, wenn der Ressourcenverbrauch im Süden, einschließlich des Energieverbrauchs und der Freisetzung von Schadstoffen, steigen wird. Das Ziel einer nachhaltigen Versorgung und Entwicklung für alle Menschen im Süden wird kaum zu erreichen sein, wenn die Bevölkerungszahl nicht stabilisiert werden kann, was am ehesten durch wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu erreichen sein wird. Dies wird jedoch nicht die Verantwortung des Nordens schmälern, seinen eigenen Ressourcenverbrauch zu senken und eine ökologische verträglichere Entwicklung einzuleiten.
(97) Regierungen, Industrien und viele Menschen in den industrialisierten Staaten sind jedoch noch weit davon entfernt, ihre Hauptverantwortung für die Zerstörung des Globus und die drohende Klimaveränderung wahrzunehmen. Stattdessen kann man, wie in der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung von 1992, das Bemühen einiger nördlicher Staaten beobachten, die globale ökologische Krise und die Klimaproblematik auf die Länder des Südens abzuwälzen. Umstritten war bis zum letzten Tag, ob das Recht auf Entwicklung, das die Entwicklungsländer einklagten, in die Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung aufgenommen werden sollte. Aus Sicht vieler Länder des Südens soll der Schutz ihrer tropischen Regenwälder, die wegen ihrer Bedeutung als CO2-Senken für die Stabilisierung des Weltklimas zu globalen Gemeingütern erklärt wurden, die Industriestaaten lediglich von ihrer Verantwortung entbinden, in ihrer eigenen Energie- und Verkehrspolitik drastische Reduktionsziele für den Verbrauch fossiler Energieträger und den CO2-Ausstoß festzulegen und den ökologischen Umbau ihrer Gesellschaften einzuleiten. Die Waldinitiative der US-Regierung während der UN-Konferenz verdeutlicht dieses Bemühen. ln dieser Initiative wurde vorgeschlagen, statt einer Veränderung der nationalen Energiepolitik zur Reduktion des CO2-Ausstoßes den Schutz der Wälder in Entwicklungsländern zu erhöhen, da dies auch die billigere Lösung sei.
(98) Diese Haltung findet sich jedoch nicht in der Klimakonvention wieder, in der den Industriestaaten explizit eine führende Rolle bei der Reduktion ihrer Treibhausgase zugewiesen wird. Die Klimakonvention verpflichtet die Länder des Nordens außerdem, die Entwicklungsländer in ihrem Bemühen um Senkung ihres Schadstoffausstoßes finanziell und technologisch zu unterstützen. Allerdings enthält auch die Klimakonvention keine Zeitschiene für die Erreichung bestimmter Reduktionsziele und bleibt damit vage. In diesem Zusammenhang sind die Erklärung der EG von Rio, ihren CO2-Ausstoß bis zum Jahre 2000 auf das Niveau von 1990 einzufrieren, wie auch die weiterreichenden Reduktionsziele der Bundesregierung zu begrüßen.
(99) Internationale Initiativen zum Schutz der tropischen Regenwälder als CO2-Senken zur Stabilisierung des Klimas haben aber auch Nord-Süd-Konflikte hinsichtlich der Nutzungsrechte jener Waldressourcen hervorgerufen, die für viele Entwicklungsländer selbstverständlich nationale Wirtschaftsgüter sind. Konzepte des Nordens, die Regenwälder zu stabilisierenden, Schadstoffe absorbierenden Schutzzonen zu erklären und unter internationale Kontrolle zu stellen, konnten sich nicht durchsetzen. Unter Hinweis auf die Nutzungsrechte an ihren Wäldern haben besonders auch die holzexportierenden Staaten des Südens in ihrem wirtschaftlichen Eigeninteresse nördliche Initiativen eines Tropenholzboykotts oder "grüner" Handelsbeschränkungen verurteilt. Diese Länder nehmen auf dem Hintergrund der Verschuldungsproblematik zum Teil die Zerstörung ihrer Wälder aus kurzfristigen Wirtschaftsinteressen in Kauf und stellen sich damit auch in Widerspruch zu ihrer eigenen, insbesondere der indigenen Bevölkerung, die ihres traditionellen Lebensraums beraubt wird. Diese Länder akzeptieren die Einschränkung ihrer nationalen Souveränität nicht; und insbesondere nicht von den Ländern des Nordens, die sich in der Vergangenheit nicht durch die Schonung ihrer eigenen natürlichen Ressourcen hervorgetan haben.
(100) In ihrem Eintreten für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung sind gerade die Kirchen gehalten, sich für eine Lösung der Nord-Süd-Konflikte einzusetzen und für die Rechte der Menschen im Süden einzutreten. Dazu gehört auch, das vorherrschende nördliche Entwicklungsmuster in Frage zu stellen, das die Länder des Südens als Nachzügler betrachtet und damit zur Nachahmung anregt. Die Kirchen sollten die Hauptverantwortung des Nordens für die Klimagefährdung klar benennen und an die reichen Länder appellieren, ihren unnötigen und verschwenderischen Konsum und Ressourcenverbrauch einzuschränken zugunsten einer globalen Strategie, die es den Armen ermöglicht, ihre Grundbedürfnisse besser zu befriedigen. Handlungsfelder für die Kirchen liegen auf internationaler Ebene darin, sich auch in internationalen Foren, die sich in Nachfolge der Rio-Konferenz mit der Klimaproblematik befassen, für gerechte Lösungen zugunsten der armen Bevölkerungsgruppen in der Welt zu engagieren. Dazu gehören die UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung, die UN-Umwelt- und Entwicklungsbehörden, aber auch die Weltfrauenkonferenz, die in der Bevölkerungsproblematik eine große Rolle spielen wird.
(101) Für die erforderliche Umorientierung des vorherrschenden nördlichen Entwicklungsmusters in Richtung einer dauerhaft verträglichen Wirtschaftsentwicklung kommt verschärfend hinzu, daß in den sich neu industrialisierenden Ländern (einige Zeit als Schwellenländer gekennzeichnet) insbesondere in Südostasien eine besondere Dynamik festzustellen ist. Dadurch wird einerseits die Notwendigkeit zur Umsteuerung aufgrund der starken Zunahme des Ressourcenverbrauchs und der Immissionen in dieser Region der Erde noch verstärkt. Zugleich wird andererseits die erforderliche Umorientierung in den nördlichen Industriestaaten durch die Konkurrenz zu dieser Wachstumsregion erschwert.
(102) Auf entwicklungspolitischer Ebene können die Kirchen dafür eintreten, entwicklungspolitische Strategien nicht nur in Richtung Süden, sondern gleichermaßen auf den Norden bezogen zu verwirklichen. Gegenseitige Strategien, die zum Beispiel einerseits den Entwicklungsländern finanzielle und technische Hilfe für den Schutz ihrer Wälder oder zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen gewähren und als Gegenleistung andererseits die Selbstverpflichtung der Industriestaaten enthalten, ihren CO2-Ausstoß in einem begrenzten Zeitraum auf ein festzulegendes Niveau zu reduzieren, könnten hier wegweisend sein. Solche Modelle werden derzeit von der niederländischen Regierung erprobt.
(103) Es kann hier nicht im einzelnen auf die friedensgefährdenden Aspekte der Energiepolitik der Industrieländer eingegangen werden. Unter diesem Aspekt muß aber die Nachkriegsgeschichte der Golfregion betrachtet werden, wozu auch eine differenzierte Analyse der beiden Golfkriege gehört. Dies sollte nicht nur aus europäischer Sicht geschehen, sondern vornehmlich aus arabischer und entwicklungspolitischer.
(104) Vor diesem Hintergrund muß man sehen, daß die Sicherung der Energieversorgung bei der Neuformulierung der Bundeswehraufgaben nach der Auflösung der Ost-West-Konfrontation eine Rolle spielt. In den "Verteidigungspolitischen Richtlinien" des Bundesministers der Verteidigung vom 26.11.1992 zählen zu den vitalen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik unter anderem die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und der ungehinderte Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer gerechten Weltwirtschaftsordnung". Es muß daran erinnert werden, daß nach jahrzehntelanger Diskussion und einer Vielzahl von Konferenzen es noch nicht einmal den Ansatz einer gerechten Weltwirtschaftsordnung gibt.
(105) Ein weiterer schwerer Konflikt zwischen Staaten des Nordens und des Südens wie auch zwischen Staaten des Südens untereinander wird sich aus der Absicht und in dem Maße ergeben, wie die hoch-energieverbrauchenden Industrieländer ihrer klimapolitischen Herausforderung erfolgreich begegnen und den Energieverbrauch durch preiserhöhende Maßnahmen, insbesondere durch Einsatz nationaler Energiesteuern, einzuschränken beginnen. Die Energiesteuerpläne der Industrieländer berühren nämlich vitale Interessen der öl- und kohleexportierenden Staaten wie auch, wenn auch in umgekehrter Richtung, der nettoenergieimportierenden Entwicklungsländer.
(106) Ein wahrscheinliches Szenario der Rückwirkungen einer Verbreiterung und allmählichen, aber deutlichen Erhöhung der Energieträgerbesteuerung in den industriellen Verbraucherländern auf die Weltmarktpreise für Öl und Kohle lautet: Die Förderländer werden den Erfolg einer preisbedingten Senkung der Energieträgernachfrage aus den Industrienationen als Rückgang ihrer Einnahmen erleben. Dem werden sie, sofern sie diesen Rückgang in ihren Planungen nicht antizipiert haben, durch eine absatzfördernde Preispolitik zu begegnen versuchen. Der Weltmarktpreis wird folglich fallen. Damit wird die zusätzliche Energiesteuer, die von den Industriestaaten vereinnahmt wird, nur teilweise zu einer Erhöhung der dortigen inländischen Energiepreise führen. Das intendierte Preissignal wird zum Teil also wirkungslos verpuffen. Die Steuer wird darüber hinaus auch nur teilweise von den Bürgern und Wirtschaftssubjekten der Energieverbraucherländer getragen werden. Zum anderen Teil geht sie zu Lasten des Einkommens der Förderländer. Die Energiesteuerpläne der industriellen Verbraucherländer berühren also das prekäre, stillschweigend akzeptierte heutige Verhältnis der Abschöpfung von "Renten" (das ist derjenige Preisbestandteil, der über die Förder-, Transport- und Veredelungskosten hinausgeht) zwischen Förder- und Verbraucherländern einerseits und Förder- und netto-energieimportierenden Entwicklungsländern andererseits.
(107) An diesem Konflikt zeigt sich, daß wir bisher keinen Maßstab dafür besitzen, wie die sich unvermeidlich bei der Vermarktung fossiler Energieträger einstellenden Renten zwischen den Staaten, in denen die Förderung stattfindet, und denjenigen Staaten, in denen die Weiterverarbeitung und der Verbrauch stattfinden, gerechterweise aufgeteilt werden sollten. Dieser Mangel gilt für Erdöl wie Erdgas und Kesselkohle in gleicher Weise, wenn auch die Art der Konflikte wegen der Unterschiedlichkeit der jeweils beteiligten Länder verschieden ist. Angesichts der Vitalität der Interessen, die mit dem Energiethema verknüpft sind, ist es geboten, den genannten Konflikt nicht nur wirtschafts- und energiepolitisch, sondern auch sicherheitspolitisch zu durchdenken.
(108) Die Lieferländer wollen fairerweise mit entscheiden, bis zu welchem Grad der Renten-Abschöpfung durch nationale Energieverbrauchsteuern sie ihrerseits den Zugang zu Märkten noch für "ungehindert" halten. Diese reziproke Sicht macht deutlich, daß es sich bei den Plänen für eine zusätzliche breite Energiebesteuerung in den Verbraucherländern nur scheinbar um ein heroisch-selbstloses Konzept handelt. Und selbst wenn man es für ein Konzept hält, so hat es eine sicherheitspolitisch riskante Flanke. Daß solche Vorgehensweisen im Extremfall schließlich in einen militärischen Konflikt abgleiten können, kann nicht ausgeschlossen werden.
(109) Die Gefahr eines solchen Konfliktaustrags erwächst insbesondere daraus, daß die Frage einer gerechten Rentenverteilung international bisher nicht nur nicht geregelt ist. Es sind vielmehr weder Ansatzpunkte dazu vorhanden noch institutionelle Vorkehrungen für eine diesbezügliche Abstimmung weltwirtschaftlich bzw. völkerrechtlich getroffen worden. Auf diesem Gebiet gilt sozusagen noch internationales "Faustrecht".
(110) Der oben geschilderte Konflikt ist angesichts der klimapolitischen Herausforderung von besonderer Bedeutung. Denn er entsteht nicht lediglich durch das spezielle Instrument "Steuern", mit dem hier empfohlen wird, der klimapolitischen Herausforderung zu begegnen. Er ist vielmehr selbst Teil des Problems. Die Treibhausgasproblematik schafft nämlich hinsichtlich fossiler Energieträger eine zusätzliche Knappheit über die des begrenzten Angebots hinaus: die Knappheit der begrenzten Aufnahmekapazität der Verbrennungsprodukte fossiler Energieträger. In dem Maße, in dem die Verbraucherländer diese Knappheit akzeptieren, wird eine zusätzliche Knappheitsrente für fossile Energieträger geschaffen und realisiert. Sie fällt also unvermeidlich als Begleiterscheinung an, gerade wenn das Treibhausgasproblem entschärft wird. Um die Verteilung und Aneignung dieser so entstehenden, zusätzlichen Renten wird es zu politischen Interessenkonflikten kommen.